Beschluss: Wer erhebliche Steuerschulden hat, muss damit rechnen, dass ihm kein Reisepass erteilt bzw. ein vorhandener Pass entzogen wird. Dies folgt aus zwei Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Berlin, mit denen das Gericht entsprechende Entscheidungen deutscher Auslandsvertretungen bestätigt hat.

Der Sachverhalt

Im ersten Fall hatte die Deutsche Botschaft in San José die Ausstellung eines neuen Reisepasses für einen seit 1994 in Costa Rica lebenden Deutschen unter Berufung auf eine - unstreitig in Deutschland bestehende - Steuerschuld in Höhe von 1,6 Millionen € abgelehnt. Hiergegen machte der Antragsteller geltend, er habe sich seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht entzogen, da die Steuerschuld erst nach seinem Wegzug ins Ausland entstanden sei. Zudem könne er seinen steuerlichen Verpflichtungen erst recht nicht nachkommen, wenn er mangels eines deutschen Reisepasses seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Deutschland verlegen müsse, weil er hier keine Existenzgrundlage habe. Der zweite Fall betraf einen in Namibia lebenden Deutschen, der Steuerschulden in Höhe von etwa 103.000 € hat. Er hatte gegenüber der von der Deutschen Botschaft in Windhuk verfügten Passentziehung geltend gemacht, die Steuerschuld sei verjährt.

Die Entscheidungen

Die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts hat beide Eilanträge zurückgewiesen. Nach dem Passgesetz sei ein Pass zu versagen bzw. könne entzogen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründeten, dass der Passbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen wolle. Ein Steuerfluchtwille des Steuerschuldners liege bereits dann vor, wenn er es an ernsthaften Bemühungen fehlen lasse, seine Steuerschulden zu begleichen, zugleich aber im Ausland verbleiben wolle. Andere gleich geeignete Mittel zur Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs stünden nicht zur Verfügung. Die Vorschrift diene gerade dazu, den deutschen Steuerbehörden im Ausland lebende Steuerflüchtlinge zuzuführen. Es sei schließlich nicht Aufgabe der deutschen Auslandsvertretung zu prüfen, ob die Steuerschuld verjährt sei.

Gegen die Beschlüsse ist jeweils die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Gericht:
Verwaltungsgericht Berlin, Beschlüsse der 23. Kammer vom 9. und 11. März 2010 - VG 23 L 328.09 und VG 23 L 332.09

Quelle: PM des Verwaltungsgericht Berlin
Ähnliche Urteile:

Bundestag und Bundesrat haben am 07. Juni 2013 die 2. Stufe der Insolvenzrechtsreform verabschiedet. Darin wurde nicht nur der Zeitraum bis zur Restschuldbefreiung von ursprünglichen sechs Jahren auf nun besten Falls drei Jahre verringert. Urteil lesen

Können Eltern ihre Steuerschulden nicht begleichen, müssen Kinder, die von ihren Eltern Grundvermögen übernommen haben unter bestimmten Umständen die Zwangsvollstreckung in diesen Grundbesitz dulden. Urteil lesen

Nach Urteil des VG Berlin kann einem Steuerpflichtigen mit erheblichen Steuerschulden der Reisepass entzogen werden, um zu verhindern, dass er sich seinen finanziellen Verpflichtungen entzieht. Urteil lesen

Ein Gewerbe betreiben darf grundsätzlich jeder. Eine besondere Erlaubnis oder Zulassung ist nur bei manchen Berufen nötig, zum Beispiel für Gastwirte, Bewachungsunternehmer oder Immobilienmakler. Allerdings können die Behörden jedem Gewerbetreibenden die gewerbliche Tätigkeit untersagen. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de