Eine Lehrerin hatte einen Anspruch auf Entschädigung und Schmerzensgeld nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend gemacht, weil sie sich aus religiösen Gründen diskriminiert sah. Die Beklagte hatte eine Einstellungszusage zurückgenommen, als bekannt wurde, dass sie auch im Unterricht ein (muslimisches) Kopftuch tragen wolle.

Der Sachverhalt

Die Klägerin berief sich zur Begründung ihres Anspruchs auf die im Jahr 2015 geänderte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Dieses hat entschieden, dass das pauschale gesetzliche Verbot des Kopftuchtragens an staatlichen Schulen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 GG verletzt.

Die Entscheidung

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück hat die Klage der Lehrerin gegen die Niedersächsische Landesschulbehörde (Beklagte) abgewiesen.

Zur Begründung der Klageabweisung führte das Gericht aus, der Anspruch auf Entschädigung sei schon deshalb zu verneinen, weil die Beklagte die Klägerin nicht "wegen ihrer Religion" benachteiligt habe. Die Beklagte habe sich vielmehr auf eine gesetzliche Grundlage im Niedersächsischen Schulgesetz gestützt, die alle Bewerber gleich behandle, indem sie sämtliche religiösen und weltanschaulichen Symbole verbiete. Damit habe die Beklagte die gleichen Einstellungsanforderungen an alle Bewerber in Hinblick auf die staatliche Neutralitätspflicht gestellt.

Selbst wenn aber eine religiöse Benachteiligung bejaht würde, sei diese hier gerechtfertigt. Für die Beurteilung des Falles sei retrospektiv die Sach- und Rechtslage im Jahr 2013 zu betrachten, da zu diesem Zeitpunkt die Einstellungszusage zurückgenommen worden sei. Im Jahr 2013 habe sich die Beklagte auf die gesetzliche Grundlage im Niedersächsischen Schulgesetz berufen dürfen.

Damals sei die Rechtsprechung des BVerfG aus dem Jahr 2003 maßgeblich gewesen, wonach für ein Kopftuchverbot „nur" ein hinreichend bestimmtes Gesetz gefordert worden sei. Die neuere Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2015, die für ein Kopftuchverbot zusätzlich eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter Schulfrieden und Neutralität verlange, habe es im Jahr 2013 noch nicht gegeben. Das Urteil (Az. 3 A 24/16) ist noch nicht rechtskräftig.

Gericht:
Verwaltungsgericht Osnabrück, Urteil vom 18.01.2017 - 3 A 24/16

VG Osnabrück, PM
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