Ist eine stationäre Fettabsaugung medizinisch notwendig, kann sich die Krankenkasse nicht darauf berufen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Behandlungsmethode nicht in Richtlinien empfohlen hat. Mit Urteil entschied das Hessische LSG, dass die Krankenkasse die Kosten zu übernehmen hat.

Der Sachverhalt zum Urteil

Eine 29-jährige Frau aus Nordhessen leidet an Armen, Beinen und Gesäß an einer schmerzhaften Fettgewebsvermehrung, einem sogenannten Lipödem. Sie beantragte bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Fettabsaugung (Liposuktion). Die Krankenkasse verwies darauf, dass die konservativen Therapiemöglichkeiten wie z.B. Gewichtsreduktion und Lymphdrainagen noch nicht ausgeschöpft seien.

Die Frau ist hingegen der Ansicht, dass die bei ihr vorliegende Form des Lipödems II. Grades nicht durch Gewichtsreduktion verringert werden könne. Ferner würden Lymphdrainage wie auch Kompressionsstrümpfe lediglich eine temporäre Linderung bewirken.

Vorinstanz hat die Klage abgewiesen

Das Sozialgericht wies die Klage ab, weil der Gemeinsame Bundesausschuss die Liposuktion nicht empfohlen habe. Eine stationäre Behandlung sei nicht erforderlich.

Urteil: Krankenkasse muss stationäre Liposuktion bezahlen

Das Urteil des Hessische Landessozialgericht: Das Hessische Landessozialgericht verurteilte die Krankenkasse dazu, die Kosten der stationären Liposuktion zu tragen. Die Klägerin habe eine deutlich bauchige Oberarmsilhouette sowie einen Oberschenkelumfang von 80 cm. Bei der erheblichen Fettmenge sei eine stationäre Behandlung notwendig. Dies ergebe sich aus den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie zur Liposuktion, die für die Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Behandlungsbedürftigkeit heranzuziehen seien.

Gericht zieht Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie heran

Danach könne im ambulanten Bereich maximal 2 Liter reines Fettgewebe abgesaugt werden. Bei der Klägerin seien hingegen 3 bis 4 Liter Fettmasse pro Behandlung zu entfernen. Es sei unbeachtlich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Liposuktion nicht positiv bewertet habe. Denn dies sei nur für ambulante Behandlungen erforderlich, da insoweit hinsichtlich neuer Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gelte.

Bezüglich der Liposuktion liege keine negative Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses vor

Für den stationären Bereich seien solche Behandlungsmethoden auf Kosten der Krankenkassen hingegen nur dann ausgeschlossen, wenn eine negative Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliege. Dies sei hinsichtlich der Liposuktion nicht der Fall. Auch habe die Klägerin die konservativen Behandlungsmethoden ausgeschöpft. Dass eine Gewichtsreduktion die lipödem-typischen Fettansammlungen beeinflussen könne, sei wissenschaftlich nicht gesichert.

Gericht:
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 24.04.2013 - L 1 KR 391/12

Hess. LSG, PM Nr. 7/13
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