Nimmt ein Arbeitnehmer sein Mittagessen in einer Kantine außerhalb des Betriebsgeländes ein, endet der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für das Zurücklegen des Weges zur und von der Kantine mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Kantine befindet.

Für Unfälle auf Wegen innerhalb des Gebäudes besteht deshalb kein Unfallversicherungsschutz.

Mit dieser Begründung hat die 1. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe die Klage einer angestellten Lehrerin auf Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt. Die Lehrerin nahm, da ihre Schule über keine eigene Kantine verfügte, ihr Mittagessen üblicherweise in der in der Nähe der Schule gelegenen Kantine einer Sparkasse ein.

Am Unfalltag stürzte sie auf dem Rückweg vom Mittagessen innerhalb des Gebäudes der Sparkasse und verletzte sich am Knie.

Bei diesem Unfall stand sie nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil sie im Unfallzeitpunkt den öffentlichen Verkehrsraum, noch nicht wieder erreicht hatte. Der öffentliche Verkehrsraum bildet nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Grenze zwischen dem versicherten und dem unversicherten Bereich. Der Begriff "öffentlicher Verkehrsraum" ist dabei nicht gleichzusetzen mit jeder Verkehrsfläche, die einer unbestimmten Anzahl von Nutzern offen steht; gemeint ist insoweit vielmehr allein der öffentliche "Straßen"-Verkehrsraum. Deshalb war nicht entscheidungserheblich, dass es sich bei der Sparkasse, in dessen Gebäude die Kantine sich befindet, um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handelt.

Aus dem Urteil

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der das erkennende Gericht folgt, endet der Versicherungsschutz auf dem Hinweg zur Arbeit oder zur Nahrungsaufnahme und beginnt auf dem Rückweg jeweils mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes, in dem z.B. die Wohnung, die Gaststätte oder - wie hier - die Kantine liegt. Der Versicherungsschutz erstreckt sich damit nicht auf Unfälle auf Wegen in dem Gebäude, in dem z.B. die Kantine selbst liegt (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 15 und BSG vom 24.06.2003 - B 2 U 24/02 R ). Bei einer Gaststätte, die sich in dem Obergeschoss eines Einkaufszentrums befindet, hat das BSG insoweit auf die Außentür des Einkaufszentrums und nicht der Gaststätte selbst abgestellt (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 15). An dieser Rechtsprechung hat das BSG in seinem weiteren Urteil vom 24.06.2003 (B 2 U 24/02 R) ausdrücklich festgehalten und zu Recht darauf hingewiesen, dass bei dieser auf objektive Merkmale gegründeten klaren Grenzziehung zwischen dem versicherten Weg und dem unversicherten Bereich maßgebend der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und das Streben nach einer möglichst einheitlichen Rechtsprechung waren und insoweit keine Ausnahmen zugelassen sind. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" trennt auch für den Versicherten klar und eindeutig den öffentlichen Verkehrsraum von dem übrigen Bereich ab, z.B. dem Gebäude, in dem die von ihm zur Nahrungsaufnahme ausgewählte Gaststätte oder - wie vorliegend - die Kantine liegt (vgl. Bay. LSG v. 28.09.2011 - L 18 U 354/09 - und vom 03.02.2009 - L 15 U 93/08).

Gericht:
Sozialgericht Karlsruhe, Entscheidung vom 05.03.2013 - S 1 U 4282/12

05.03.2013, SG Karlsruhe
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:

Unfall - Ein Käufer, der sich nicht beim Abladen selbst, sondern beim Öffnen der Ladeklappe verletzt, hat eine Aufgabe des Lieferanten erfüllt und ist deswegen wie dessen Arbeitnehmer tätig geworden. Urteil lesen

Versicherungsschutz - Wer als Radfahrer auf dem Heimweg von der Arbeit einem Autofahrer den Weg versperrt, um ihn wegen eines vermeintlichen Verkehrsverstoßes zur Rede zu stellen, verliert den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Urteil lesen

Arbeitsunfall - Wenn sich der Geschäftsführer eines Unternehmens bei einer Abfahrt auf der Rodelbahn verletzt, so stellt dies keinen Arbeitsunfall dar. Dies gilt auch dann, wenn die Rodelfahrt während einer Seminarwoche stattfand. Zumindest in dem von dem Sozialgericht Düsseldorf entschiedenen Fall wurde der sachliche Zusammenhang eines solchen Unfalls mit der versicherten Tätigkeit verneint. Urteil lesen

Nürnberg (D-AH) - Wird die Mitarbeiterin einer Tierklinik bei der Behandlung einer Katze von dieser gebissen, ist das ein Arbeitsunfall. Damit entfällt aber der Anspruch auf ein Schmerzensgeld durch den Arbeitgeber. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de