Wer sich auf die Prozessunfähigkeit eines anderen beruft und damit einen hoheitlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines anderen, seine sachverständige Begutachtung nämlich, erreichen will, muss Tatsachen vortragen, aus denen sich ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben können.

Kurz zur Sache

Der Kläger hält die Werbung eines Mitbewerbers für unwahr und daher irreführend und nimmt diesen auf Unterlassung in Anspruch. Der Beklagte sieht den Kläger als keinen Wettbewerber. Dieser präsentiere sich im Internet eher als "Prozesshansel" denn als ernstzunehmender Webdesigner. Dem Kläger fehle bereits die erforderliche Prozessfähigkeit, er leide unter einer sogenannten Kampfparanoia.

Nachfolgend wird nur darauf eingegangen, wann Zweifel an der Prozessfähigkeit bestehen.

Aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (20 U 66/13)

Das OLG hatte keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers.

Störungen der Geistestätigkeit sind Ausnahmeerscheinungen, weshalb von der Prozeßfähigkeit der Parteien auszugehen ist. Eine Prüfung nach § 56 Abs. 1 ZPO ist nur veranlasst, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass Prozeßunfähigkeit vorliegen könnte (BGH, NJW 1996, 1059, 1060). Wer sich auf die Prozessunfähigkeit eines anderen beruft und damit einen hoheitlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines anderen, seine sachverständige Begutachtung nämlich, erreichen will, muss Tatsachen vortragen, aus denen sich ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben können (BGH NJW 69, 1574; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12. Jan. 1998, 5 W 9/97, BeckRS 1998, 09679).

An solchen Anhaltspunkte für die Annahme eines die Prozessfähigkeit ausschließenden Querulantenwahns fehlt es. Selbst eine rechthaberische, halsstarrige, unbelehrbare Person, die in ihrem Kampf gegen vermeintliches oder tatsächliches Unrecht jedes Maß des Schicklichen oder der Vernunft überschreitet, steht nicht von vornherein in diesem Verdacht (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12. Jan. 1998, 5 W 9/97, BeckRS 1998, 09679). Eine Prozessunfähigkeit ist nur gegeben, wenn die Partei nicht mehr in der Lage ist, andere Auffassungen zu diesem Themenkreis zu bedenken und die verfahrensmäßige Behandlung ihrer Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (BGH, NJW 2000, 289, 290). Nur dann, wenn die Vorstellungen von einer eindeutigen Beeinträchtigung ihrer Rechte nicht mehr nur den Charakter "überwertiger Ideen" tragen, sondern sich weiter intensivieren und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen Gegner auf andere Menschen und Instanzen und schließlich die ganze Gesellschaft verbinden, kann der Verdacht einer expansiven Wahnentwicklung gehegt werden, der eine sachverständige Feststellung der Prozessfähigkeit erforderlich machen würde (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12. Jan. 1998, 5 W 9/97, BeckRS 1998, 09679).

Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Der Kläger mag Verfahren betreiben, die andere nicht einleiten würden. Er mag Beteiligte, Richter und Rechtsanwälte mit ungerechtfertigten Vorwürfen überziehen und dabei scharfe, überspannte, zuweilen die Grenzen der Schmähkritik überschreitende Formulierungen verwenden. Es kann jedoch nicht übersehen werden, dass er immer wieder Anliegen verfolgt, denen eine gewisse Berechtigung nicht von vornherein abgesprochen werden kann, wie gerade das vorliegende Verfahren zeigt. Auch der persönliche Eindruck, den der Senat vom Kläger gewonnen hat, hat keinerlei Anhaltspunkte für eine krankhafte Störung geliefert. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung vielmehr überzeugend darzulegen vermocht, dass er seinen Anspruch aus rationalen Erwägungen verfolgt und um die Grenzen des von ihm mit dem vorliegenden Verfahren Erreichbaren weiß. Nichts in seinem Auftritt ließ auch nur im Ansatz ein wahnhaftes Verhalten erkennen. Anderes behauptet auch die Beklagte nicht. Soweit ihr Prozessbevollmächtigter auf die Möglichkeit zur Vorbereitung der Anhörung hingewiesen hat, verkennt er das Wesen wahnhaften Verhaltens, das sich gerade in einer eingeschränkten Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit manifestiert.

Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014 - 20 U 66/13

OLG Düsseldorf
Rechtsindex - Recht & Urteile
Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de