Der 3. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat entschieden, dass sich stromintensive Unternehmen für das Jahr 2011 nicht von den Netzentgelten befreien lassen können.

Der Sachverhalt

Seit dem 04.08.2011 ist § 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung in Kraft, wonach stromintensive Unternehmen von der Zahlung der Netzentgelte befreit werden können. Netzkosten im deutschen Stromnetz geben die Netzbetreiber an die Stromversorger und diese über den Strompreis an den Endnutzer, Verbraucher oder Unternehmen, weiter. Das Nettonetzentgelt macht etwa 20 % des Haushaltskundenstrompreises aus (Jahresbericht 2011 der Bundesnetzagentur). Auf Antrag können sich Unternehmen von den Netzentgelten befreien lassen, wenn sie mehr als 7.000 Arbeitsstunden und 10 Gigawattstunden Strom pro Jahr abnehmen.

Die für die Netzbetreiber entstehenden Einnahmeausfälle werden ab dem Jahr 2012 dadurch ausgeglichen, dass die an sich von den stromintensiven Betrieben zu zahlenden Netzentgelte bundesweit auf die übrigen Endkunden umgelegt werden. Anders als ab dem Jahr 2012 werden für das Jahr 2011 aufgrund entstehender Abrechnungsschwierigkeiten die Netzkosten aber nicht bundesweit umgelegt. Vielmehr werden die Einnahmeausfälle 2011 von den Endverbrauchern desjenigen Netzbetreibers getragen, über den das jeweilige stromintensive Unternehmen seinen „netzkostenfreien“ Strom bezogen hat.

Die Bundesnetzagentur hatte Unternehmen die Befreiung rückwirkend für das gesamte Jahr 2011 gewährt. Das als Landesregulierungsbehörde zuständige Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen hatte einem Düsseldorfer Mobilfunkbetreiber die Befreiung hingegen erst ab dem Zeitpunkt gewährt, an dem die Antragsunterlagen vollständig eingegangen waren, hier am 12.12.2011. Die Landesregulierungsbehörde entscheidet dann über die Befreiung von Entgelten, wenn das Unternehmen seinen Strom von einem Netzbetreiber bezieht, an dessen Netz bis zu 100.000 Kunden angeschlossen sind.

Mit ihrer Beschwerde begehrt das Mobilfunkunternehmen die Befreiung von den Netzentgelten nicht nur ab Mitte Dezember 2011, sondern für das gesamte Jahr 2011 in Höhe von mehr als 500.000 Euro. Aus Sinn und Zweck der Regelung ergebe sich, dass Unternehmen auch rückwirkend für das gesamte Jahr 2011 befreit werden sollten. So seien die Freistellungsgrenzen auf das Kalenderjahr bezogen.

Die Entscheidung

Der 3. Kartellsenat hat entschieden, dass hier eine weitergehende Befreiung von den Netzentgelten für das gesamte Jahr nicht in Betracht komme und im Übrigen stromintensive Unternehmen sich grundsätzlich erst ab dem 01.01.2012 vollständig von den Netzentgelten befreien lassen könnten. So habe der Gesetzgeber im Energiewirtschaftsgesetz schon keine rückwirkende Geltung der Netzentgeltbefreiung angeordnet. Außerdem sei mit der Einführung der vollständigen Befreiung von den Netzentgelten ein bundesweiter Umlagemechanismus der Einnahmeausfälle eingeführt worden. Dieser bundesweite Ausgleich sei aber für das Jahr 2011 schon aus abrechnungstechnischen Gründen praktisch nicht mehr umsetzbar gewesen.

Der Senat hatte ferner im November 2012 in zwei Eilverfahren Bedenken geäußert, ob die vollständige Befreiung von den Netzentgelten überhaupt auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruhe. Gegen diese Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung möglich.

Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2012 - VI-3 Kart 46/12 (V)

OLG Düsseldorf, Mitteilung vom 12.12.2012
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