Der Sachverhalt
Der klagende Käufer aus Löhne erwarb im September 2014 beim beklagten Verkäufer aus Potsdam ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ Saab 900 Cabriolet zum Kaufpreis von 5650 Euro. Nach entsprechender Barzahlung verbrachte der Kläger das Fahrzeug nach Löhne.
Bei dem Käufer entstand zu Hause nach Durchsicht der Fahrzeugpapiere der Eindruck, dass die im Kaufvertrag angegebene "Gesamtlaufleistung: 173.000 km" unzutreffend sei und das Fahrzeug tatsächlich eine erheblich höhere Laufleistung aufweise. Noch bevor er die Zulassung des Fahrzeugs auf seinen Namen veranlasst hatte, erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Verkäufer auf, das Cabriolet bei sich abzuholen.
Die vom Käufer vor dem Landgericht Bielefeld erhobene Klage hatte zunächst keinen Erfolg, weil das Landgericht Bielefeld sich als örtlich unzuständig ansah. Die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil war erfolgreich. Der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und das Landgericht Bielefeld verpflichtet, den Rechtsstreit zu verhandeln und zu entscheiden.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 28 U 91/15)
In der Hauptsache beantragte der Kläger nunmehr - so das Urteil (Az. 28 U 91/15) des Oberlandesgerichts Hamm - ihm den Kaufpreis Zug um Zug gegen die Rückgabe des Fahrzeugs zurückzuzahlen. Diesen Prozess könne der Kläger vor dem Landgericht Bielefeld durchführen. Dort sei der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gegeben (§ 29 Abs. 1 ZPO).
Aus dem Urteil: "Das materielle Recht enthält keine abschließende Regelung, an welchem Ort die hier streitige Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises zu erfüllen ist. Abzustellen ist vielmehr auf § 269 Abs. 1 BGB. Danach richtet sich der Ort für die Leistung nach der von den Parteien getroffenen Bestimmung oder nach den Begleitumständen, die sich insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses ergeben. Wenn sich insoweit keine Feststellungen treffen lassen, bildet der Wohnsitz des Verkäufers, der vermeintlich die Rückzahlung des Kaufpreises schuldet, den maßgeblichen Leistungsort."
Wenn nicht anders vereinbart, sei für diesen Gerichtsstand der Ort maßgeblich, an dem der Kaufvertrag im Falle eines zu Recht erklärten Rücktritts rückabzuwickeln sei. Bei einem Fahrzeugkauf habe ein Käufer nach der Ausübung seines Rücktrittsrechts keinen uneingeschränkten Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Dieser Anspruch sei vom Verkäufer vielmehr nur Zug um Zug gegen Rückgabe des verkauften Fahrzeugs zu erfüllen.
Dabei sei der Verkäufer verpflichtet, ein mangelhaftes Fahrzeug dort abzuholen, wo es sich nach der Vorstellung der Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsrücktritts befinde. Das sei im vorliegenden Fall am Wohnsitz des Klägers in Löhne, weil der Kläger das Fahrzeug dort habe nutzen wollen. Dem stehe nicht entgegen, dass die nach dem Vertrag vorrangig vor einem Rücktritt vom Verkäufer geschuldete Nachbesserung an dessen Betriebs- oder Wohnsitz vorzunehmen gewesen wäre.
Das Scheitern einer Nachbesserung sei ggfls. eine Rücktrittsvoraussetzung und lasse sich in der Regel erst dann feststellen, wenn der Käufer das Fahrzeug im Anschluss an die Nachbesserung zurückerhalten habe. Vertragsgemäß befinde es sich dann wieder an seinem Wohnsitz.
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 27.10.2015 - 28 U 91/15
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