Parkt ein Kraftfahrer verbotswidrig auf einem von mehreren öffentlichen Behindertenparkplätzen, kann er auch dann abgeschleppt werden, wenn die anderen Behindertenparkplätze unbesetzt sind. Bei einem Behindertenparkplatz liegt die "Behinderung" in der Funktionsbeeinträchtigung der angeordneten Verkehrsregelung.

Der Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt parkte am Vormittag seinen Pkw vor dem Gebäude des Amtsgerichts Ludwigshafen auf einem der beiden Behindertenparkplätze. Eine Bedienstete der beklagten Stadt Ludwigshafen stellte fest, dass in dem Fahrzeug kein Schwerbehindertenausweis auslag. Nachdem sie im Gerichtsgebäude vergeblich nach dem Fahrer des Wagens gesucht hatte, veranlasste sie das Abschleppen des Autos ca. 45min später.

Die Beklagte forderte vom Kläger 145,75 € für das Abschleppen des Fahrzeuges. Dagegen erhob der Rechtsanwalt Klage mit der Begründung, der Abschleppvorgang sei unverhältnismäßig gewesen. Die Politesse hätte ihn im Gerichtsgebäude ohne Weiteres auffinden können. Im Übrigen sei der zweite Schwerbehindertenparkplatz nicht belegt gewesen.

Die Entscheidung

Von dieser Argumentation des Klägers ließ sich die 5. Kammer des Gerichts nicht überzeugen. Die Richter führten aus, ein verbotswidrig auf einem allgemein zugänglichen Behindertenparkplatz abgestelltes Fahrzeug dürfe sofort abgeschleppt werden. Eine Funktionsbeeinträchtigung liege bei Behindertenparkplätzen auch dann vor, wenn nicht alle Parkplätze gleichzeitig belegt seien. Dem Schutz der für Schwerbehinderte eingerichteten Parkplätze komme mit Rücksicht auf die Hilfsbedürftigkeit der bevorrechtigten Personen ein großes Gewicht zu.

Aus dem Urteil: [...] Bei einem Behindertenparkplatz liegt die „Behinderung“ in der Funktionsbeeinträchtigung der angeordneten Verkehrsregelung: So wie eine Feuerwehrzone nicht nur im Brandfalle, sondern stets freizuhalten ist, wird die Funktion von Behindertenparkplätzen nur gewährleistet, wenn diese jederzeit von Fahrzeugen nicht Parkberechtigter freigehalten werden (OVG Nordrhein-Westfalen, DAR 2000, 427; OVG Hamburg, Urteil vom 25. März 2003 - 3 Bf 113/02 -, juris). Eine Funktionsbeeinträchtigung liegt bei Behindertenparkplätzen auch dann vor, wenn nicht alle Parkplätze gleichzeitig belegt sind. Auf eine konkrete Beeinträchtigung eines bevorrechtigten Verkehrsteilnehmers kommt es daher nicht an. Dem Schutz der für Schwerbehinderte eingerichteten Parkplätze kommt mit Rücksicht auf die Hilfsbedürftigkeit der bevorrechtigten Personen ein großes Gewicht zu. Das mit der Errichtung von Behindertenparkplätzen anerkannte besonders schützenswerte Interesse des berechtigten Personenkreises ist darauf gerichtet, den ihm vorbehaltenen Parkraum unbedingt und ungeschmälert zur Verfügung zu haben, weil zumutbare Ausweichmöglichkeiten selten bestehen. Diesem Belang wird allein durch ein zügiges und konsequentes Abschleppen von Fahrzeugen Nichtberechtigter effektiv Rechnung getragen. [...]

Diesem Personenkreis müsse der ihm vorbehaltene Parkraum unbedingt und ungeschmälert zur Verfügung stehen, weil zumutbare Ausweichmöglichkeiten selten bestünden. Diesem Belang werde allein durch ein zügiges und konsequentes Abschleppen von Fahrzeugen Nichtberechtigter effektiv Rechnung getragen.

Da die Politesse der Beklagten auch keine weitergehenden Nachforschungen nach dem Aufenthaltsort des Fahrers habe anstellen müssen, sei der Kostenbescheid rechtmäßig.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragt werden.

Themenindex:
Abschleppen, Abschleppkosten

Gericht:

Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 13. September 2011 - 5 K 369/11.NW

Quelle: VG Neustadt
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