Das Schneeschippen und Gehwegstreuen darf nicht nur den Mietern im Erdgeschoss aufgebürdet werden. Eine Seniorin begehrte aufgrund ihres Alters die Befreiung vom Winterdienst. Das Amtsgericht Köln sah schon in der Klausel eine unangemessene Benachteiligung.

Der Sachverhalt

Der Winterdienst eines Hauses mit 24 Mietparteien lag in den Händen der Bewohner. Allerdings waren davon laut der noch immer gültigen Hausordnung aus den 60er Jahren ausdrücklich nur die drei Erdgeschosswohnungen betroffen. Unter der Überschrift "Reinigung und Pflege" heißt es in der Hausordnung unter der Bezeichnung "Schnee und Eis":

"Das Freihalten der Bürgersteige und der Hauszugänge von Schnee und Eis und das Bestreuen bei Glätte ist Pflicht der Erdgeschossmieter; sind mehrere Wohnungen im Erdgeschoss vorhanden, so führen diese ihre Arbeiten jeweils von ihrer Grundstückshälfte aus. Die Polizei hält sich bei Vernachlässigung dieser Pflichten an die Erdgeschossmieter".

Die inzwischen verwitwete Mieterin einer dieser Wohnungen sah sich nunmehr aber gesundheitlich nicht mehr in der Lage, mehrfach pro Woche in den frühen Morgenstunden, bei Kälte, Dunkelheit und Glätte die Gehwege mittels geeigneter Gerätschaften oder mit Hilfe von - von ihr selbst zu bezahlendem - Streusalz von Schnee und Eis zu befreien. Mit Schreiben teilte die Mieterin dem Vermieter dies mit und bat unter Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes darum, für anderweitige Wahrnehmung des Winterdienstes Sorge zu tragen. Der Vermieter lehnte das Begehren ab und der Fall landete vor dem Amtsgericht Köln.

Die Entscheidung

Nach dem Urteil geht hervor, dass die Überbürdung des Winterdienstes auf nur ein Achtel aller Mietparteien eine erhebliche Ungleichbehandlung darstellt, so die Deutsche Anwaltshotline.

Aus dem Urteil: [...] Eine Überbürdung des Winterdienstes auf drei (und somit nur ein Achtel aller) Mietparteien stellt solche eine Ungleichbehandlung dar, die zum einen überraschend ist, als dass der Mieter mit einer solchen Regelung bei Vertragsabschluss nicht zu rechnen braucht, und die andererseits eine Überbürdung von Vermieterpflichten auf einzelne Mieter darstellt, die - auch im Rahmen des vermieterseitigen Ermessens - als nicht mehr zulässige Ungleichbehandlung der Mieter anzusehen ist und einzelne Mieter unangemessen benachteiligt. Die Überbürdung des Winterdienstes stellt eine Auferlegung erheblicher zusätzlicher Pflichten und nicht unerheblicher Haftungsrisiken dar. In Wintern wie den beiden vergangenen brachte die Pflicht zum Winterdienst mit sich, dass mehrfach pro Woche in den frühen Morgenstunden, bei Kälte, Dunkelheit und Glätte Gehwege mittels geeigneter Gerätschaften oder - mieterseits anzuschaffendem - Streusalz von Schnee oder sogar Eis zu befreien waren. Außerdem ist hinsichtlich des Winterdienstes Im Falle von Abwesenheit eine Vertretung zu organisieren. [...]

Zwar darf ein Hausbesitzer eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht auch auf seine Mieter übertragen, womit sich der ursprüngliche verantwortliche Vermieter auf die Kontrolle und Überwachung beschränken kann. Dafür reicht allerdings nicht - wie in diesem Fall - ein profaner Absatz "Reinigung und Pflege" in der Hausordnung aus, selbst wenn im Mietvertrag auf die Hausordnung verwiesen wird.

"Voraussetzung für eine rechtswirksame Übertragung von Verkehrssicherungspflichten ist nämlich, dass sie klar und eindeutig erfolgt - und zudem natürlich eine solche Überbürdung alle Mieter eines größeres Mietobjekts gleichermaßen betrifft", erklärt Rechtsanwalt Bernd Beder den Kölner Richterspruch. Die Frau in der Erdgeschosswohnung ist also nicht erst auf Grund ihres Alters und der massiven Herzinsuffizienz vom Winterdienst befreit.

Gericht:
Amtsgericht Köln, Urteil vom 14.09.2011 - 221 C 170/11

Redaktion Rechtsindex, Deutsche Anwaltshotline

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