Besonders in Ehescheidungsverfahren spielen die anfallenden Kosten für die beteiligten Parteien eine gewichtige Rolle. Die Reduzierung des Streit- bzw. Verfahrenswertes kann zur Erleichterung beitragen. Nachfolgend werden zwei Beschlüsse beleuchtet, die deutlich machen, wie die Gerichtsbarkeit ihr Ermessen ausübt.

Ein Beitrag der Kanzlei Kieppe

In Familienverfahren und insbesondere in Ehescheidungsverfahren spielen die für Gericht und Rechtsanwalt anfallenden Kosten für die beteiligten Parteien eine gewichtige Rolle. Nicht selten fehlt Beteiligten im Anschluss an ein solches Gerichtsverfahren das notwendige finanzielle Puffer für einen Neustart nach der Trennung. Die Reduzierung des Streit- bzw. Verfahrenswertes kann in nicht unerheblicher Weise zur Erleichterung beitragen.

Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG, seit September 2009 nach § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG haben die Gerichte nach Ermessen über die Festsetzung des Streitwertes zu entscheiden. Im Folgenden thematisieren wir daher exemplarisch zwei selbst erstrittene Beschlüsse von zwei Oberlandesgerichten, die deutlich machen, wie die Gerichtsbarkeit ihr Ermessen ausübt:

 I. Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 21.02.2006 – 13 WF 20/06

 1. Der Sachverhalt

In einer Familiensache haben Antragssteller und Antragsgegner wegen der Höhe des Streitwertes auseinandergesetzt. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Münster beschlossen, den Streitwert des Verfahrens nicht herabzusetzen und damit den damaligen Antrag des Antragsstellers abgelehnt. Daraufhin hat der Antragssteller Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster eingelegt und ist vor das Oberlandesgericht Hamm gezogen. 

 2. Die Entscheidungsgründe für den Beschluss

Zunächst hat das OLG die Nettoeinkommensbeträge des Antragsstellers und der Antragsgegnerin addiert, das Kindergeld hinzugerechnet und den Kindesunterhalt entsprechend den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle in Abzug gebracht. Im Ergebnis berechnete das OLG eine Summe von monatlich 1.985 €. Schließlich ergab sich nach der Multiplikation mit drei eine Summe von 5.955 €. Streitig war an dieser Stelle, ob ein Abschlag vorzunehmen ist. § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG regelt hierzu:  

"In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen."

Im Hinblick auf die Norm merkte das OLG an, dass ein Abschlag nicht allein aufgrund des Umstands vorzunehmen ist, dass es sich um eine einverständliche Scheidung handelt, da diese den statistischen Normalfall darstellt und somit als Regelfall anzusehen ist. Maßgeblich sei allein der Umfang der Sache für das Gericht, der vorprozessuale Aufwand bleibe außer Betracht. Schließlich kam das OLG zu dem Schluss:

"[Der Umfang der Sache für das Gericht] rechtfertigt im Hinblick auf die knappen Schriftsätze, die kurze Anhörung und den etwa knapp halbseitigen Urteilstext nach einer mündlichen Verhandlung eine Einstufung in Höhe eines Betrages von ¾ des sich nach dem Einkommenden ergebenden Betrages."

Konsequenterweise zog das OLG ¼ von 5.955 € ab und setzte einen Streitwert für die Scheidung von 4.467 € fest. Das OLG hat also den angefochtenen Beschluss abgeändert und befand die Beschwerde für zulässig und teilweise begründet.

II. Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 13.09.2010 – 2 WF 133/10 

1. Der Sachverhalt 

Ähnlich verhielt es sich gut vier Jahre später vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Der Antragssteller erhob Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Göttingen, nach dem der Verfahrenswert für die Ehescheidung nicht herabgesetzt wurde Schließlich befasste sich das Oberlandesgericht Braunschweig mit der Beschwerde. 

2. Die Entscheidungsgründe für den Beschluss 

Inhaltlich handelte auch dieser Beschluss von der Festsetzung des Verfahrenswertes. Wie der Verfahrenswert in Ehesachen zu bestimmen ist, richtet sich nach § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Dort heißt es, vom Wortlaut her genauso wie in § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG: 

"In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen."

Das OLG ist diesbezüglich der Auffassung, dass nach dieser Vorschrift, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung des Verfahrenswertes nach Ermessen, auch ein Abweichen vom einzusetzenden dreifachen Nettoeinkommen möglich ist, wenn der Verfahrenswert für eine einverständliche Scheidung mit geringem Umfang festzusetzen ist. Demnach sei der Verfahrenswert nach dem dreifachen Nettoeinkommen der Parteien nicht zwingend der Regelwert für Ehescheidungsverfahren, auch wenn diese einvernehmlich durchgeführt werden. 

In der Frage des Maßstabs für den Umfang der Sache folgt das OLG Braunschweig einer dezidiert anderen Meinung als das OLG Hamm. So stellt das OLG zunächst fest, dass für die Bemessung des Umfangs der Sache unter anderem auch auf den tatsächlich betriebenen Aufwand des Gerichts abzustellen ist. Nun führt das OLG jedoch ferner aus: 

"Es widerspricht der Systematik des Gesetzes, die einfache einvernehmliche Scheidung als Standardmaßstab für den Umfang der Sache zu nehmen. Im Ergebnis führte dies dazu, dass nur darüber liegender Aufwand Einfluss auf den Streitwert hätte und diesen erhöhte."

Tatsächlich beschränkte sich die Tätigkeit des Gerichts auf die Entgegennahme und Prüfung einer Antragsschrift und der zwingend durchzuführenden Regelung des Versorgungsausgleichs. Darüber hinaus lebten die Parteien bereits seit neun Jahren voneinander getrennt und hatten in sämtlichen in Betracht kommenden Folgesachen einvernehmliche Regelungen getroffen, sodass unter diesen Umständen keine besondere Bedeutung der Scheidung der Ehe für die Parteien ersichtlich gewesen sei.

Schließlich befand das OLG aufgrund des Mindestmaßes an gerichtlicher und anwaltlicher Tätigkeit die Reduzierung des Verfahrenswertes um 30 % für gerechtfertigt und damit die zulässige Beschwerde des Antragsstellers für begründet.  

III. Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt 

Christian Kieppe ist seit 25 Jahren als Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Familienrechts tätig. Der Kanzleisitz befindet sich in Münster. Darüber hinaus hat sich Herr Kieppe seit nunmehr knapp 20 Jahren insbesondere auf die Durchführung sogenannter "Online Scheidungen" spezialisiert, die von zu Hause aus in Auftrag gegeben werden können, ohne dass ein Anwaltsbesuch erforderlich ist. Dabei werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Scheidungskosten möglichst gering zu halten. Über dieses Scheidungsangebot berichtete bereits das ZDF unter Mitwirkung von Herrn Kieppe.

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de