Ein Hartz IV-Empfänger hatte unter Berufung auf das Informationsfrei­heitsgesetz verlangt, ihm die aktuelle Diensttelefonliste des Jobcenters mit den Durch­wahlnummern aller Sachbearbeiter zur Verfügung zu stellen. Das Jobcenter mit rund 1.300 Mitarbeitern lehnte das Verlangen ab.

Der Sachverhalt

Das Jobcenter bietet seinen Kunden die Möglichkeit, innerhalb fester Öff­nungszeiten sowie nach Vereinbarung persönlich vorzusprechen und beraten zu werden. Für die telefonische Kontaktaufnahme ist ein Service-Center eingerichtet, das unter einer einheitlichen (im Internet veröffentlichten) Telefonnummer erreichbar ist.

Der Kläger - ein Hartz IV-Empfänger - hatte unter Berufung auf das Informationsfrei­heitsgesetz des Bundes verlangt, ihm die aktuelle Diensttelefonliste mit den Durch­wahlnummern aller Sachbearbeiter zur Verfügung zu stellen. Das Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Mit der dieses Ergebnis bestätigenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts liegt nun das erste obergerichtliche Urteil zu einer bun­desweit umstrittenen Rechtsfrage vor.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Az. 8 A 2429/14)

Das In­formationsfreiheitsgesetz (IFG) begründe keinen allgemeinen Anspruch auf Bekanntgabe der Durch­wahlnummern aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters, so das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen (Az. 8 A 2429/14). Der Anspruch sei nach § 3 Nr. 2 IFG ausgeschlossen.

Zu den von dieser Vorschrift er­fassten Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zähle auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Die Organisationsentscheidung des Beklagten, die telefonische Erreichbarkeit nicht durch die eigenen Sachbearbeiter, sondern durch ein speziell dafür zuständiges Service-Center der Bundesagentur für Arbeit durchzuführen, diene einer effektiven Organisation der Arbeitsabläufe.

Keine Unterbrechungen durch ständige Spontan-Anrufe

Dadurch solle sichergestellt werden, dass die Sachbearbeiter des Beklagten ihre Arbeitskraft und -zeit ganz in den Dienst der Leistungsbearbeitung und persönlichen Beratungsge­spräche stellen können, ohne dabei ständig durch Spontan-Anrufe unterbrochen und in ihrer Konzentration gestört zu werden.

Mithören persönlich anwesender Kunden soll vermieden werden

Zudem werde das Problem vermieden, dass der persönlich anwesende Kunde das Telefonat mithören könne oder zur Gewährleistung des Datenschutzes den Beratungsraum verlassen müsse. Der im Be­reich der Massenverwaltung einer Großstadt tätige Beklagte habe dieses Konzept für erforderlich halten dürfen, um die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtung bestmöglich zu gewährleisten.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.06.2015 - 8 A 2429/14

OVG NRW, PM
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