Der Pausenhof einer Grundschule ist eine ähnliche Einrichtung wie ein Kinderspielplatz. Nach dem Toleranzgebot im Bundesimmissionsschutzgesetz müssen die Geräusche durch Kinder hingenommen werden und seien im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkungen.

Der Sachverhalt

Die Kläger wandten sich mit ihrer Klage gegen die Erweiterung des Schulbetriebs der an ihre Grundstücke angrenzenden privaten Grundschule von 100 auf 127 Schüler. Sie befürchteten u.a. eine mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebietes nicht mehr verträgliche Lärmbelästigung.

Sie sind der Auffassung es müsse eine Lärmschutzmauer errichtet und in den Musik- und Gymnastikräumen schallisolierte Fenster eingebaut werden.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin (VG 13 K 109.12)

Das VerwaltungsgerichtsBerlin wies die Klage ab. Der erweiterte Schulbetrieb verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Der Betrieb einer privaten Grundschule mit maximal 127 Schülern in der Zeit von 7:30 Uhr bis 16:30 Uhr sei mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebietes nicht unverträglich.

Die Schülerzahl halte sich im Bereich des Ortsüblichen. Rücksichtslose Lärmimmissionen seien nicht zu befürchten. Die Geräusche von auf dem Pausenhof spielenden Grundschulkindern müssten unabhängig von ihrer Intensität nach dem Toleranzgebot im Bundesimmissionsschutzgesetz hingenommen werden. Geräuscheinwirkungen von Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen seien im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkungen. Der Pausenhof einer Grundschule sei eine ähnliche Einrichtung wie ein Kinderspielplatz, denn er diene wie dieser dem Ausleben des Spielbedürfnisses und des Bewegungsdrangs von Kindern.

Aus dem Urteil:

[...] Grundchulkinder sind unter 14 Jahre alt und damit Kinder i. S. des § 22 Abs. 1a BImSchG (BT - Drs . 17/4836, S. 6) . Ein Pausenhof ist auch - soweit er wie hier bestimmungsgemäß genutzt wird - eine ähnliche Einrichtung wie ein Kinderspielplatz, denn er dient wie dieser dem Ausleben des Spielbedürfnisses und des Bewegungsdrangs von Kindern (im Erg. ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 17. Januar 2013 - 4 K 365/11 - ; offenlassend OVG Koblenz, Urteil vom 16. Mai 2012 - 8 A 10042/12 -).

Geräusche spielender Kinder sind Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung und daher grundsätzlich zumutbar (BT - Drs. 17/4836, S. 4); es gilt gewissermaßen ein absolutes Toleranzgebot für die Anwohner (VGH Mannheim, Urteil vom 23. Mai 2014 - 10 S 249/14 -). Es ist kein Grund ersichtlich, warum dieses Toleranzgebot für Schulhöfe, auf denen Kinder spielen, nicht gelten sollte, zumal wenn das weit gefasste gesetzgeberische Ziel berücksichtigt wird, das der Einführung des § 22 Abs. 1a BImSchG zugrundelag, nämlich ein "klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu setzen" (BT - Drs. 17/4836, S. 4) [...]

Gesichtspunkte, die ausnahmsweise ein Zurücktreten der geräuschvollen kindlichen Interessen zugunsten des Ruhebedürfnisses der Eigentümer der Nachbargrundstücke rechtfertigten, seien nicht erkennbar. Im Gegenteil seien die Grundstücke wegen der nahen S-Bahnlinie und auch wegen der seit langem bestehenden Schule durch eine nicht unerhebliche Geräuschvorbelastung geprägt. Der zeitlich begrenzte Schul- und Pausenbetrieb belasse den Eigentümern zudem erhebliche Zeiträume, in denen von dem Schulgrundstück überhaupt keine Geräuschimmissionen ausgingen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 25.06.2014 - VG 13 K 109.12

VG Berlin, PM
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