Im vorliegenden Fall musste ein Autofahrer eine dringende Notdurft verrichten und versuchte die nah gelegene Toilette bei seiner Freundin zu erreichen. In der Innenstadt fuhr er 52 km/h zu schnell und wurde "geblitzt". Zwei Monate Fahrverbot und 280 EUR Bußgeld sollten es sein. Der Autofahrer wehrt sich dagegen.

Der Sachverhalt

Nach der Mitteilung des DAV VerkR fuhr der Autofahrer in der Innenstadt 52 km/h zu schnell. Er sollte 280 Euro Bußgeld bezahlen und erhielt ein Fahrverbot von zwei Monaten. Vorher war er noch nicht negativ aufgefallen. Gegen die Entscheidung der Bußgeldstelle klagte er.

Er begründete dies damit, dass er eine dringende Notdurft zu verrichten gehabt hätte. Außerdem habe er unter heftigen Magenkrämpfen gelitten. Deshalb habe er mit hoher Geschwindigkeit die nah gelegene Toilette bei seiner Freundin erreichen wollen. Er habe sich nicht in die Hose machen wollen.

Der Prozessverlauf

Das Amtsgericht Schwedt/Oder hob das Fahrverbot wegen dieser Ausnahmesituation auf. Es erachtete es für ausreichend die Tat allein mit der Regelgeldbuße zu sanktionieren ohne zugleich das Fahrverbot zu verhängen. Es blieb also für den Betroffenen nur noch das Bußgeld.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin sah das Ganze anders. Diese erachtete die Ausführungen, mit denen der Bußgeldrichter das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen begründet habe, als unzureichend.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben. Nach Auffassung des Oberlandesgericht gilt für die Annahme eines rechtfertigenden Notstands ein strenger Beurteilungsmaßstab. Hierbei sei zu prüfen, ob das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiege.

Vorliegend habe das Amtsgericht nicht ausreichend geprüft, ob tatsächlich eine Ausnahmesituation vorgelegen habe. Die Angaben des Betroffenen dürften nicht ungeprüft übernommen werden. So könne der Verzicht auf ein Fahrverbot etwa nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn der Betroffene aufgrund einer Notdurft selber – und nicht etwa ein Mitfahrender – zu einer Toilette habe gelangen wollen.

Der Mann hätte die Tankstelle aufsuchen können

Es sei auch nicht festgestellt worden, wann und wo der Mann losgefahren und wie lange er bereits unterwegs gewesen sei. Es müsse geprüft werden, ob es ihm bereits vor Fahrtantritt oder während der Fahrt zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, zur Toilette zu gehen.

Der Mann wurde in der Innenstadt angetroffen, die über gastronomische Einrichtungen, wie z.B. Fast- Food-Ketten, oder Tankstellen verfüge. Eine dieser Einrichtungen hätte der Mann aufsuchen können, um seine Notdurft zu verrichten.Auch hierzu gebe es vom Amtsgericht keine Feststellungen.

Gericht:
Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss von 25.02.2019 - (1 B) 53 Ss-OWi 41/19 (45/19)

OLG Brandenburg
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