Das Vier-Augen-Prinzip ist jedenfalls im Land Baden-Württemberg bei jeder Messung mit dem Lasermessgerät Riegl FG21-P zu beachten. Da bei diesem Messverfahren kein Foto gefertigt wird, muss gewährleistet sein, dass der Messwert richtig abgelesen und ins Messprotokoll übertragen wird.

Was ist eigentlich das "Vier-Augen-Prinzip" ?

Üblicherweise wird bei Geschwindigkeitsmessung eine Videosequenz oder ein Foto erstellt, aus der die gemessene Geschwindigkeit abgelesen werden kann. Bei der Laserpistole Riegl FG21-P ist das nicht der Fall. Hier wird die gemessene Geschwindigkeit lediglich im Display des Gerätes angezeigt. Es wird also kein Foto erstellt oder der Messwert gespeichert. Deshalb gilt die Anwendung des Vier-Augen-Prinzips, wonach zwei Beamte den Messwert ablesen müssen.

Ist das Vier-Augen-Prinzip in der Bedienanleitung vorgeschrieben?

Nein, dass Vier-Augen-Prinzip ist nicht in der Bedienanleitung des Herstellers vorgeschrieben. Somit ist das Vier-Augen-Prinzip nicht allgemeingültig in allen Bundesländern vorgeschrieben. Die Oberlandesgerichte Düsseldorf (Beschluss vom 13.9.2012, IV-2 RBs 129/12) und Hamm (Beschluss vom 15.02.2011 - III-3 RBs 30/11) haben bereits die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwindigkeitsmessungen kein Vier-Augen-Prinzip gelte. Dies ist aber für das Land Baden-Württemberg nicht zutreffend, denn hier besteht eine Dienstanweisung.

Dienstanweisung für Geschwindigkeitsmessungen mit Laser-Geschwindigkeitshandmessgeräten

Bei der Messung der Geschwindigkeit ist auch die Dienstanweisung des Innenministeriums Baden-Württemberg für Geschwindigkeitsmessungen mit Laser-Geschwindigkeitshandmessgeräten (Stand: April 2010) zu beachten. Aus dieser geht hervor:

  • Die Geräte sind nach der Gebrauchsanweisung des Herstellers, den Zulassungsbedingungen der PTB und den ergänzenden Regelungen des Innenministeriums Baden-Württemberg zu handhaben. Bei widersprüchlichen Regelungen gelten die Regeln dieser Dienstanweisung. Abweichungen von den vorgegebenen Messbedingungen im Messbetrieb stellen ein Verfahrenshindernis dar. ...
  • Die Geschwindigkeitsmessungen sind grundsätzlich als Anhaltekontrollen mit mindestens zwei uniformierten Beamten/Beamtinnen (einem Messbeamten/Messbeamtin und einem zweiten Beamten/Beamtin) und als Einzelmessungen durchzuführen.
  • Das Messergebnis muss immer von diesen beiden Beamten/Beamtinnen abgelesen werden (Vier-Augen-Prinzip). Der zweite Beamte/Beamtin muss nicht zwingend die Laser-Schulung absolviert haben. Dies wird jedoch empfohlen.
  • Das aus dem Display angezeigte Geschwindigkeitsmessergebnis kann dem Betroffenen auf dessen Wunsch gezeigt werden, soweit der Messbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Fazit:

Das Vier-Augen-Prinzip ist somit jedenfalls im Land Baden-Württemberg bei jeder Messung mit dem Lasermessgerät Riegl FG21-P zu beachten und kann eine gute Verteidungsstrategie für den Rechtsanwalt darstellen.

Gericht:
Amtsgericht Sigmaringen, Urteil vom 12.02.2013 - 5 OWi 15 Js 7112/12

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