Das Verwaltungsgericht Neustadt hat mit einem Urteil (1 K 702/14.NW) entschieden, dass eine EU-Fahrerlaubnis in Deutschland entzogen werden darf, wenn sich nach deren Erteilung aufgrund neuer Tatsachen berechtigte Zweifel an der Fahreignung ergeben, die nicht ausgeräumt werden.

Der Sachverhalt

Im Urteil des VG Neustadt (1 K 702/14.NW) ging es um einen in Tschechien ausgestellten EU-Führerschein. Der Kläger trat in Deutschland mehrfach wegen Trunkenheitsfahrten in Erscheinung, die strafrechtlich geahndet wurden. Zuletzt war dies in den Jahren 2002 und 2008. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen und die Wiedererteilung abgelehnt.

Im Jahr 2010 erwarb der Kläger die Fahrerlaubnis in Tschechien. Im Jahr 2013 wurde der Kläger erneut mit ca. 0,8 Promille Blutalkohol erwischt, die für sich gesehen keine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) rechtfertigte. Unter Einbeziehung der früheren Straftaten forderte die zuständige Fahrerlaubnisbehörde vom Kläger ein solches Gutachten wegen "wiederholter" Verkehrszuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr. Der Kläger legte das medizinisch-psychologische Gutachten nicht vor. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen.

Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe das Gutachten nicht vorlegen müssen, weil ihm nur die Alkoholfahrt nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis vorgehalten werden dürfe und diese wegen der geringen Blutalkoholkonzentration keine MPU rechtfertige. Er klagte deshalb gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis beim Verwaltungsgericht, das die Klage aber abwies.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt (1 K 702/14.NW)

Diese Maßnahme war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig. Die Fahrerlaubnisentziehung verstoße insbesondere nicht gegen den europarechtlichen Grundsatz der vorbehaltslosen gegenseitigen Anerkennung der in den Mitgliedstaaten der EU ausgestellten Führerscheine.

Die EU-Richtlinie erlaube es nämlich, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften über die Entziehung einer Fahrerlaubnis anwenden können, wenn dies durch Umstände nach Erwerb der Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat gerechtfertigt ist. Dafür genüge es, dass die Maßnahme teilweise auf einem nachträglichen Verhalten des Führerscheininhabers beruhe, wenn ein Zusammenhang mit dem früheren Verhalten bestehe und die nachträgliche Auffälligkeit von einigem Gewicht sei.

Diese Voraussetzungen sah das Verwaltungsgericht hier aufgrund der mehrfachen, nicht unerheblichen Alkoholauffälligkeiten des Klägers vor und nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis als erfüllt an. Auch die Alkoholfahrt mit 0,42 mg/l sei von solchem Gewicht, dass sie hier ein Einschreiten der Fahrerlaubnisbehörde rechtfertige, Sie sei deshalb - wie gegenüber dem Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis - berechtigt, aufgrund der wiederholten und noch verwertbaren Verkehrsauffälligkeiten eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu fordern. Nachdem der Kläger kein Gutachten vorgelegt habe, sei ihm die tschechische Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden. Das hat zur Folge, dass er mit der tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen darf.

Gericht:
Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 25.02.2015 - 1 K 702/14.NW

VG Neustadt, PM
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