Wer trotz einer unklaren Verkehrslage mit dem Mokick eine Fahrzeugkolonne überholt und mit einem nach links in ein Grundstück abbiegenden Pkw zusammenstößt, kann 75% seines Schadens selbst zu tragen haben. Zwei Urteile zum Thema.

Das erste Urteil

Im Urteil Az. 9 U 191/12 überholte der Kläger mit seinem Mokick eine aus drei Fahrzeugen bestehende Kolonne und stieß mit dem nach links in eine Grundstückszufahrt einbiegenden ersten Fahrzeug der Kolonne zusammen. Aufgrund der besonderen Umstände des zu beurteilenden Falles war ein Verschulden der beklagten Linksabbiegerin, einer seinerzeit 45jährigen aus Marl, nicht festzustellen.

Urteil: Unklare Verkehrslage

Deswegen sei bei ihrem Fahrzeug nur die Betriebsgefahr zu berücksichtigen, so dass der Kläger, so der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm, 75 % seines Schadens selbst zu tragen habe. Den Kläger treffe ein erhebliches Verschulden, weil er verbotswidrig bei einer für ihn unklaren Verkehrslage überholt habe.

Das zweite Urteil

Im Urteil Az. 9 U 12/13 überholte der mit seinem Motorrad eine aus mehreren Fahrzeugen bestehende Kolonne und kollidierte mit dem unvorsichtig unter Ausnutzung einer Kolonnenlücke aus einer wartepflichtigen Querstraße nach links abbiegenden Pkw. Nach Urteil des 9. Zivilsenats traf den Beklagten ein mit einem 1/3 zu bewertender Verschuldensanteil, weil er das allgemeine Rücksichtnahmegebot verletzt habe.

Urteil : Verstoß gegen Rücksichtnahmegebot

Wer bei dichtem Verkehr an einer zum Stehen gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifahre, müsse bei erkennbaren Verkehrslücken in Höhe von Kreuzungen und Einmündungen trotz seiner Vorfahrt seine Fahrweise so einrichten, dass er auch vor unvorsichtig aus der Lücke herausfahrenden Fahrzeugen rechtzeitig anhalten könne. Er müsse es den Verkehrsteilnehmern im Querverkehr ermöglichen, aus der freigehaltenen Lücke heraus bis zur Erlangung freier Sicht auf den nicht besetzten Straßenraum herauszufahren.

Themenindex:
Motorradunfall, Linksabbieger

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.07.2013 - 9 U 191/12
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 23.04.2013 - 9 U 12/13

OLG Hamm
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