Wer mit seinem Auto ein geparktes Fahrzeug beschädigt, begeht Fahrerflucht, wenn er einfach einen Zettel oder eine Visitenkarte unter dem Scheibenwischer des beschädigten Fahrzeugs anbringt und den Unfallort verlässt.

Wenn es beim Ausparken kracht, reicht es nach Angaben des ADAC nicht aus, einen Zettel mit Unfallhergang und Adresse zu hinterlassen. Denn wer wegfährt, ohne auf den Fahrer des beschädigten Fahrzeugs zu warten oder die Polizei zu rufen, begeht Fahrerflucht und damit eine Straftat mit erheblichen Folgen: Neben einer Geldstrafe und Punkten in Flensburg kann unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, wie es im Gesetz heißt, auch den Führerschein kosten.

Der Sachverhalt

In dem jetzt vom Landgericht Hamburg entschiedenen Fall, den die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt, prallte eine Fahrerin mit ihrem Fahrzeug bei einem Wendemanöver gegen die linke Seite eines geparkten Pkw. Bevor sie den Unfallort verließ, notierte sie ihren Namen, Telefonnummer und Autokennzeichen auf einem Zettel. Diesen befestigte sie in Plastikfolie verpackt unter dem Scheibenwischer des beschädigten Wagens. Der Ehemann fotografiert den Unfallschaden und die Position der beiden beteiligten Fahrzeuge.

Die Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin beglich den Schaden, wollte jedoch die Kosten in Höhe von rund 2.000 Euro von der Frau zurückerstattet haben.

Die Entscheidung

Die Richter entschieden, dass die Frau nicht vorsätzlich gegen ihre Verpflichtung zur Aufklärung verstoßen habe. Zwar habe sie den objektiven Tatbestand der Unfallflucht begangen, als sie sich vom Unfallort entfernt habe, bevor Feststellungen zu ihrer Person, ihrem Fahrzeug und der Art ihrer Unfallbeteiligung möglich gewesen seien. Doch habe die Frau so zahlreiche Maßnahmen ergriffen, dass sie ihre Aufklärungspflicht nicht verletzt habe. Weitere Feststellungen hätte auch ein Polizeibeamter am Unfallort nicht treffen können.

Themenindex:
Unerlaubtes Entfernen von Unfallort

Gericht:
Landgericht Hamburg, Urteil vom 18.07.2011 - 331 S 71/10

Hinweis:

Im Strafrecht hat die Fahrerin vermutlich den Straftatbestand der Fahrerflucht erfüllt, da ansonsten die Versicherung nicht regressiert hätte. Jedoch ist zu unterscheiden, dass nicht jede strafrechtlich geahndete Unfallflucht zu einer versicherungsrechtlich bestehenden Aufklärungspflichtverletzung führt. Die in den AKB der Kraftfahrthaftpflichtversicherungen umschriebene Aufklärungspflicht ist nicht zwingend verletzt, wenn strafrechtlich eine vollendete, ggf. in der Schuld gemilderte Fahrerflucht festgestellt wurde.

Strafrechtlich gesehen begeht man also Fahrerflucht, wenn man nur einen Zettel unter dem Scheibenwischer anbringt und dann den Unfallort verlässt. Um eine Straftat und die Folgen zu vermeiden, rät der ADAC, an der Unfallstelle zu warten, bis der Fahrer des anderen Fahrzeugs kommt, oder gleich die Polizei zu informieren. Wer kein Handy hat, sollte mindestens 30 Minuten warten, ehe er zur Polizei fährt. Diese nimmt den Unfall auf und benachrichtigt den Halter.

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