Der Sachverhalt
Wie die Deutsche Anwaltshotline berichtet, lebt eine Mutter mit ihrer Tochter in einer Bedarfsgemeinschaft und bekommt Arbeitslosengeld. Die Tochter leidet unter einer Laktoseintoleranz und muss auf Milchprodukte verzichten. Die Mutter forderte daraufhin zusätzliche Unterstützung, da laktosefreie Nahrung teurer sei als normale Milchprodukte.
Es seien pro Monat etwa 30 Euro mehr nötig, wenn man die Essgewohnheiten der 17-Jährigen zugrunde lege. Der Sozialträger weigerte sich jedoch den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zu übernehmen. Die Tochter müsse nicht zwangsläufig andere Nahrungsmittel essen, sie müsse lediglich auf solche mit Milchzucker verzichten. Daraus könne kein Mehraufwand entstehen. Die Mutter sah das allerdings anders und ging vor Gericht.
Das Urteil
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen leidet die Klägerin nachweislich an Laktoseintoleranz. Dies stellt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine gesundheitliche Beeinträchtigung dar, die grundsätzlich einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II auslösen kann (BSG, Urt. v. 14.02.2013 - a.a.O., Rn. 13 bei juris). Es handelt sich um eine Krankheit auch im Sinne der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10-GM E73).
Verträglichkeit von Laktose unterliegt keinen eindeutigen systematischen Regeln
Die Verträglichkeit von Laktose unterliegt keinen eindeutigen systematischen Regeln, sondern ist individuell unterschiedlich. In der Regel werden jedoch 12 g bis 15 g, teilweise bis zu 24 g Laktose pro Tag toleriert, so dass eine Substitution mit speziellen Nahrungsmitteln nicht erforderlich ist. Therapeutisch gibt es bei Laktoseintoleranz keine spezielle Diät. Es wird eine Vollkost mit einer auf das Beschwerdebild angepassten Ernährung empfohlen. Die ernährungsmedizinische Behandlung besteht im Meiden von Nahrungsmitteln, die nicht vertragen werden (z.B. Kuhmilch). Die Deckung des Kalziumbedarfs ist insbesondere durch den Verzehr von Milchprodukten möglich, die von Natur aus sehr geringe Mengen an Laktose enthalten (z.B. reifer Käse). Eine kostenaufwändigere Ernährung ist damit in der Regel nicht erforderlich.
Monatliche Mehrkosten in Höhe von rund 2,00 bis 2,60 Euro
Nach den überzeugenden und widerspruchsfreien Ausführungen des Gutachters Dr. H. kann ohne Nachteil auf alle laktosehaltigen Nahrungsmittel außer Milch und Milchprodukte verzichtet werden. Ein Liter Milch reicht nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für drei bis vier Tage. Im Monat werden somit rund siebeneinhalb bis zehn Liter Milch benötigt. Dies ergibt monatliche Mehrkosten in Höhe von rund 2,00 bis 2,60 Euro, was rund ein Prozent des im Leistungszeitraum relevanten Regelbedarfs der Klägerin entspricht. Der Mutter könne zugemutet werden, für diese Mehrkosten selbst aufzukommen.
Gericht:
Sozialgericht Freiburg, Urteil vom 17.04.2015 - S 15 AS 3600/13 ZVW
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