Ein Mann aus Essen hatte vor vielen Jahren für sich und seine nichtjüdische Ehefrau ein Doppelgrab auf einem jüdischen Friedhof reservieren lassen. Damals sah man kein Problem, dass die Ehefrau Nichtjüdin war. Nunmehr sollte sie neben ihrem Ehemann bestattet werden, was aufgrund der Glaubensausrichtung abgelehnt wurde. Zu Recht?

Der Sachverhalt

Bereits im Jahre 1971 hat der Mann aus Essen bei der be­klag­ten jü­dischen Kultusgemeinde gegen Zahlung einer Gebühr ein Doppelgrab auf de­ren jüdischem Friedhof in Essen reservieren lassen. Die Beklagte hatte ihm die Re­ser­vierung damals schriftlich mit dem Zusatz bestätigt, "trotzdem Ihre Gattin Nicht­jüdin ist".

Der Mann wurde 1996 in dem Doppelgrab beerdigt. 15 Jahre später verstarb auch die Ehefrau. Die Beklagte lehnte deren Bestattung in der anderen Grabstelle mit der Begrün­dung ab, der Friedhof sei seit Inkrafttreten ihrer Friedhofssatzung im Jahr 1998 Mit­glie­dern vorbehalten. Sie vertrete seitdem eine streng orthodoxe Ausrichtung ihres jüdischen Glaubensrechts, der die Bestattung auch der Ehefrau widerspreche.

Um die Bestattungsfrist einzuhalten, ließen die Kinder des Mannes die Bestattung zunächst auf einem städtischen Friedhof vornehmen und verklagten die Kultusgemeinde.

Die Entscheidung

Die Kultusgemeinde verstoße mit der Ablehnung of­fen­sichtlich gegen die Totenwürde beider Eheleute, in der sich ihre Menschenwür­de als oberstes Verfassungsprinzip nach dem Tod fortsetze, so das Oberverwaltungsgericht Münster.

Beide hätten mit dem Er­werb des Grabnutzungsrechts den Wunsch artikuliert, in dem erworbenen Dop­pel­grab als Eheleute gemeinsam die letzte Ruhe zu fin­den. Dieser Belang habe un­ter den Um­ständen des vor­lie­gen­den Einzelfalles Vorrang vor dem ebenfalls be­son­ders hoch zu gewich­ten­den Schutz des Selbst­ver­waltungsrechts der Kultusgemeinde.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.01.2017 - 19 A 1970/14

OVG Münster
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