Hintergrundinformation
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist der überlebende Ehegatte eines Verstorbenen dessen gesetzlicher Erbe. Welchen Anteil am Nachlass er bekommt, hängt davon ab, welche Verwandten es sonst noch gibt. Aber: Mit der Scheidung gibt es dieses Erbrecht nicht mehr.
Es erlischt auch, wenn zum Zeitpunkt des Todes eines Ehegatten die Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.
Der Fall
Ein Paar war verheiratet und hatte drei Kinder. Die Ehefrau hatte die Scheidung und das Sorgerecht für die Kinder beantragt. Sie erklärte dabei, dass das Paar schon seit sechs Jahren getrennt lebe - wenn auch noch auf dem gleichen Grundstück. Sie beantragte eine Härtefall-Scheidung ohne Trennungsjahr. Ihr Mann sah zwar keinen Härtefall, willigte aber in die Scheidung ein. Einige Monate später starb der Mann.
Drei Tage nach seinem Tod beantragte die Ehefrau beim Nachlassgericht einen Erbschein zugunsten der drei Kinder, der auch erteilt wurde. Einen weiteren Tag später ging beim Familiengericht ein Schreiben der Frau ein: Sie habe sich mit ihrem Mann kurz vor seinem Tod wieder versöhnt. Wenig später nahm sie den Scheidungsantrag zurück und beantragte gleichzeitig einen neuen Erbschein - in dem sie selbst als Miterbin berücksichtigt werden wollte. Das Nachlassgericht lehnte dieses Ansinnen ab. Die Frau legte dagegen Rechtsmittel ein.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht Naumburg entschied nach Informationen des D.A.S. Leistungsservice, dass der Frau kein Erbrecht zustand. Der Mann habe ihre Angabe zu den sechs Jahren Trennung nicht bestritten, damit sei das Trennungsjahr erfüllt. Außerdem habe der Mann der Scheidung zugestimmt. Ihre einseitige Rücknahme des Scheidungsantrages könne nichts mehr daran ändern, dass ihr Erbrecht als Ehegattin entfallen sei. Entscheidend sei die Sachlage zum Zeitpunkt des Erbfalls, nicht, was danach noch passiere.
Der amtliche Leitsatz
Nach § 1933 Satz 1 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Versterbens des Erblassers (in formeller Hinsicht) ein Antrag auf Ehescheidung rechtshängig und (in materiell-rechtlicher Hinsicht) dieser Antrag z. Zt. des Erbfalls begründet war. Eine erst nach Eintritt des Erbfalls erklärte und wirksam gewordene Rücknahme des Ehescheidungsantrags ändert nichts mehr am zuvor bereits kraft Gesetzes eingetretenen Ausschluss des Erbrechts.
Gericht:
Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 30.03.2015 - 2 Wx 55/14
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:
Der BGH hat entschieden, dass der in Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (NEhelG a.F.) festgeschriebene Ausschluss vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder vom Nachlass des Vaters für vor dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle weiterhin Bestand hat. Urteil lesen
Nürnberg (D-AH) - Wird die vom Gesetzgeber geforderte Orts- und Datumsangabe auf einem handschriftlichen Testament erst nachträglich und mit einem anderen Schreibstift eingefügt, handelt es sich trotzdem um ein gültiges Erb-Dokument. Urteil lesen
Wird ein vorschriftsmäßig unterschriebenes handschriftliches Testament durch eine Anmerkung hinter der Unterschrift ergänzt, ist dieser Zusatz in der Regel ungültig. Auch dann, wenn es sich dabei um einen eindeutig dem Erblasser zuzuordnenden Schriftzug handelt. Urteil lesen
An den eigenen Tod zu denken, das ist für niemanden einfach. Dennoch sollte man sich frühzeitig überlegen, wie man seine Erbangelegenheiten regeln will. ARAG Experten erläutern die Möglichkeiten. Urteil lesen