Nürnberg (D-AH) - Wird die vom Gesetzgeber geforderte Orts- und Datumsangabe auf einem handschriftlichen Testament erst nachträglich und mit einem anderen Schreibstift eingefügt, handelt es sich trotzdem um ein gültiges Erb-Dokument.

Das hat jetzt das Oberlandesgericht München im Fall eines mit 71 Jahren verstorbenen Besitzers landwirtschaftlichen Grundbesitzes in Deutschland und Frankreich entschieden (Az. 31 Wx 28/09).

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de) berichtet, hatte der kinderlose Mann in seinem letzten Willen seine Frau zur Alleinerbin erklärt. Ort und Datum des handschriftlich abgefassten Textes sind offenbar zu einem anderen Zeitpunkt mit einem anderen Kugelschreiber in der ersten Zeile neben "Mein Testament" eingefügt worden. Grund genug für den Bruder des Verstorbenen, das Dokument anzufechten. Er war in einer früheren Testaments-Fassung weitaus großzügiger bedacht worden und sieht keinen Grund, dass der Erblasser danach Anlass hatte, sein Testament abzuändern bzw. neu zu schreiben. Zumal der Bruder zu dieser Zeit über Jahre hinweg keinen Kontakt mehr zu seiner Frau hatte. Möglicherweise handle es sich um einen älteren Textentwurf, der mit der eingefügten Orts- und Datumsangabe nur "auffrisiert" wurde.

Eine Unterstellung, der das Gericht aber nicht folgen wollte. "Die eigenhändigen Zeit- und Ortsangaben eines Erblassers haben bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung der Richtigkeit für sich", erklärt Rechtsanwältin Alexandra Wimmer (telefonische Rechtsberatung unter 0900/1875000-0 für 1,99 Euro pro Minute) die juristische Sachlage. Nach dem Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Handschriftenvergleich stammten sowohl der Text mit der Unterschrift sowie die Angabe von Ort und Datum mit "hoher, wenn auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" von ein und derselben Person. Hinsichtlich der mit einem anderen Kugelschreiber gefertigten Niederschrift von Ort und Datum beständen "keine Zweifel", dass diese Angaben vom Erblasser nachträglich eingefügt worden sind. Ob das Testament wirklich zum angegebenen Zeitpunkt entstanden ist, lasse sich an Hand der vorliegenden Vergleichsschriftproben zwar nicht klären, sei aber aus diesem Grunde nebensächlich.

Quelle: Deutsche Anwaltshotline
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