Honorarforderungen aus einem Vertrag mit einer Online-Partnerbörse, die für den Nutzer ein Persönlichkeitsprofil erstellt und "passende" Partner aus dem Datenpool aussucht, können § 656 BGB unterfallen. Sie sind dann nicht einklagbar.

Der Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Online-Partnerbörse. Der Nutzer muss einen Fragebogen ausfüllen, aus dem ein individuelles Personality-Profil erstellt wird. Ein Extrakt des Personality-Profils wird dem Nutzer online in Form einer kurzen Persönlichkeitsanalyse zur Verfügung gestellt. Auf Basis des Personality-Profils wird ein Matching durchgeführt. Nutzer erhalten Vorschläge zu passenden Partnern.

Das Vertragsverhältnis der Parteien lief zunächst 12 Monate. Für diesen Zeitraum wurde von der Beklagten ein Entgelt in Höhe von 598,80 € bezahlt. Eine Kündigung erfolgte nicht, deshalb verlängerte sich der Vertrag um weitere 12 Monate. Die Beklagte schulde somit einen weiteren Jahresbeitrag in Höhe von 598,80 €, so die Klägerin.

Die Beklagte meint jedoch, dass der geltend gemachte Anspruch der Partnerbörse auf Grund von § 656 Abs. I BGB nicht einklagbar sei. Es handele sich bei dem vorliegenden Vertragsverhältnis um eine Form der Partnerschaftsvermittlung im Sinne dieser Vorschrift.

Das Urteil des Amtsgerichts Neumarkt (Az. 1 C 332/14)

Die zulässige Klage ist unbegründet, so das Urteil (Az. 1 C 332/14) des Amtsgerichts Neumarkt. Der geltend gemachte Anspruch ist nicht einklagbar. Es handelt sich vielmehr um eine Naturalobligation (§ 656 Abs. 1 S. 1 BGB analog).

Bereits der BGH hat mit Urteil vom 11.07.1990 (IV ZR 160/89), den Anwendungsbereich der Vorschrift entsprechend auf Partnervermittlungsverträge ausgeweitet. Das OLG Koblenz hat diesen Ansatz in einer Entscheidung von 2007 bekräftigt und weiterentwickelt.

Im Unterschied zu reinen Online-Kontaktplattformen eröffnet die Klägerin dem Nutzer nicht nur den Zugang zu einem Datenbestand an anderen Nutzern, aus denen der Nutzer dann nach von ihm selbst gewählten Kriterien Nutzer herausfiltert und mit diesen ggf. in Kontakt tritt, sondern sie verpflichtet sich aufgrund eines von ihr gewählten Verfahrens „passende“ Nutzer aus dem Datenpool für den Kunden auszusuchen und sie ihm vorzuschlagen. Der Mehrwert für den Kunden besteht mithin darin, dass die Klägerin ihm ihre Expertise bei der Auswahl von passenden Partnern zur Verfügung stellt und ihn hiermit nicht alleine lässt.

Dieses Geschäftsmodell entspricht aus Sicht des Gerichts der Tätigkeit einer klassischen, analogen Partnervermittlungsagentur, die unzweifelhaft unter den Anwendungsbereich von § 656 Abs. 1 BGB fällt (so auch: Meier: Vergütungspflicht und Widerruf bei der Online-Partnerschaftsvermittlung NJW 2011, 2396).

Reine Online-Kontaktplattformen, deren vertraglich geschuldete Leistung lediglich darin besteht, den Nutzern den Zugang zu einer Online-Plattform zu gewähren, auf der Nutzer ein Profil mit Angaben zur Person anlegen können und dann selbständig und eigeninitiativ nach von ihnen selbst gewählten Kriterien andere solche Nutzer herausfiltern und mit diesen in Kontakt treten und kommunizieren können - d.h. Plattformen, die ein solches "Matching" nicht schulden - unterfallen hingegen nicht § 656 BGB.

Gericht:
Amtsgericht Neumarkt, Urteil vom 27.07.2014 - 1 C 332/14

AG Neumarkt
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