Ein Bewertungsportal über Ärzte ist dann zulässig, wenn eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich ist. Das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit überwiege das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Der Sachverhalt

Aus dem Urteil des AG Münchens geht hervor, dass die Beklagte im Internet ein Ärztebewertungsportal betreibt. Dort bietet sie eine Arztsuche und eine Ärztebewertung an. Internetnutzer können Informationen zu Ärzten und anderen Heilberuflern kostenfrei abrufen.

Soweit vorhanden sind auf dem Portal Informationen wie Name, Titel, Fachrichtung, Praxisanschrift und weitere Kontaktdaten sowie ggf. auch Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen abrufbar. Nach vorheriger Registrierung können Bewertungen in einem Notenschema und Freitextkommentare eingegeben werden. Die Noten und Kommentare sind dann für andere Nutzer abrufbar und werden von der Internetbetreiberin als fremde Information angeboten. Eine Bewertung ohne vorherige Registrierung ist nicht möglich. Im Rahmen der Registrierung muss eine gültige E-Mail-Adresse angegeben werden, die im Zuge des Registrierungsvorgangs verifiziert wird.

Über einen Gynäkologen wurden drei anonymisierte Bewertungen eingestellt:

  • toller Arzt - sehr empfehlenswert
  • na ja... …
  • kompetenter, netter Arzt, sehr zu empfehlen!

Als dieser Ende Januar 2012 davon erfuhr, dass er in dem Bewertungsportal bewertet worden war, setzte er sich mit der Internetbetreiberin in Verbindung und forderte diese zur Löschung auf. Er habe der Speicherung seiner Daten nie zugestimmt. Diese weigerte sich jedoch. Der Arzt erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München. Der zuständige Richter wies diese jedoch ab.

Die Entscheidung

Dem Kläger stehe weder ein Löschungs- noch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Zwar berührten die Speicherung seiner Daten und die Bewertungen den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit auch seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In der Gesamtschau überwiege jedoch das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit.

So sei eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich. Aufgrund der notwendigen Registrierung sei der Beklagten die jeweilige E-Mail-Adresse eines Bewerters bekannt und könne dem Arzt mitgeteilt werden, dem es frei stünde, sich bei der Internetbetreiberin zu melden.

Das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit werde durch ein Interesse der Öffentlichkeit an der Verfügbarkeit von Daten über medizinische Versorgungsmöglichkeiten zusätzlich noch verstärkt. Es komme der Entscheidung, ob bzw. von welchem Arzt sich der Einzelne behandeln lassen wolle zugute, wenn diese Entscheidung auf eine möglichst fundierte und breite Entscheidungsgrundlage gestellt werden könne. Neben anderen Faktoren bei der Auswahl eines Arztes biete das Internetportal der Beklagten wegen des darin abgebildeten breiten Meinungsbildes dazu eine sinnvolle Möglichkeit. Auch deshalb bestehe ein öffentliches Informationsinteresse an der Veröffentlichung solcher Daten durch die Internetbetreiberin.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 12.10.2012 - 158 C 13912/12

AG München, PM Nr. 43/13
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:

Plakate mit Ausländer-Raus-Parolen verletzen nicht die Menschenwürde und sind durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Urteil lesen

Mieter müssen sich gegenüber anderen Mitbewohnern im Haus korrekt verhalten. Gravierende Beleidigungen rechtfertigen beispielsweise eine sofortige Vermieterkündigung ohne vorherige Abmahnung. Urteil lesen

Beleidigung - Eine Kündigung bedarf stets einer vorherigen Abmahnung. Dies gilt auch, wenn eine Arbeitnehmerin sich während der Arbeit abfällig über ihren Vorgesetzten äußert. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein. Urteil lesen

Ein Lehrer der als Beamter im Dienst steht muss sich bei politischer Betätigung generell so verhalten, dass das Vertrauen der Allgemeinheit auf strikte Sachlichkeit und Objektivität seiner Amtsführung nicht gefährdet werde. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de