Eine in der Landeshauptstadt Dresden geltende Regelung, dass Oberstufenschülern lediglich bei Schulwegen über 35 km Beförderungskosten erstattet werden, ist rechtswidrig. Die Stadt muss deshalb den Eltern eines die 11. Klasse eines Dresdner Gymnasiums besuchenden Schülers die Fahrtkosten fuer seinen 7,6 km langen Schulweg ersetzen.

Der Sachverhalt

Die Landeshauptstadt Dresden hatte den Antrag der Eltern auf Erstattung der Schülerbeförderungskosten unter Verweis auf § 4 Abs. 1 c) ihrer Satzung Schülerbeförderungskosten-Erstattung abgelehnt. Nach dieser Vorschrift gilt ein notwendiger Schulweg bis zu einer Mindestentfernung von 35 Kilometern für die Schüler allgemeinbildender Schulen ab Klassenstufe 11 und für Schüler berufsbildender Schulen ohne Anspruch auf Übernahme von Beförderungskosten als zumutbar.

Die Entscheidung

Diese Regelung ist nach Auffassung der Richter der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden rechtswidrig, weil sie Elft- und Zwölftklässler gegenüber Erst- bis Zehntklässlern ohne sachlichen Grund benachteiligt. Für diese gelten nach der Satzung Schulwege von 2 bzw. 3,5 km als zumutbar. Maßstab hierfür ist die Entfernung, die im entsprechenden Alter zu Fuß oder mit dem Fahrrad bei pauschalierender Betrachtung gut bewältigt werden kann.

Dieser Maßstab werde bei Schülern der 11. und 12 Klassen jedoch außer Acht gelassen, denn es sei weder zu Fuß noch mit dem Fahrrad möglich, regelmäßig zweimal pro Tag einen Schulweg von bis zu 35 Kilometer zu absolvieren. Ein Grund für die hierin liegende Ungleichbehandlung könne insbesondere nicht in dem größeren Einzugsbereich von Gymnasien gesehen werden. Diese landesplanerische Festlegung habe keine Auswirkungen auf den Erstattungsanspruch für Schülerbeförderungskosten.

Der Gestaltungsspielraum der Landeshauptstadt Dresden, Schüler der 11. und 12. Klassen von der Beförderungskostenerstattung auszunehmen, werde dadurch begrenzt, dass ein Schulweg von mehr als 60 min grundsätzlich unzumutbar sei. Weil das Kind der Kläger die Schule nicht binnen einer Stunde zu Fuß erreichen könne, bestehe ein Anspruch auf Schülerbeförderungskostenerstattung.

Das Gericht hat die Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen, da das Verfahren grundsätzliche Bedeutung für alle Elft- und Zwölftklässler habe, die Dresdner Schulen besuchen. Die Landeshauptstadt hat dieses Rechtsmittel bereits eingelegt.

Gericht:
Verwaltungsgericht Dresden, Urteil vom 17.12.2015 - 5 K 697/15

VG Dresden
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