Dem Leiter eines privaten Forstbetriebs, der beruflich zur Ausübung der Jagd verpflichtet ist und der zum Schutz seines Gehörs einen Schalldämpfer für seine Jagdwaffe benötigt, ist eine Erlaubnis zum Erwerb, Besitz und zum Führen des Schalldämpfers zu erteilen.

Aus den Entscheidungsgründen des VG Freiburg (1 K 2227/13)

Zwar seien Erwerb, Besitz und Benutzung (= Führen) eines Schalldämpfers nach dem Waffengesetz erlaubnispflichtig und bedürften daher der Erteilung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenscheins. Beim Kläger lägen aber die im Waffengesetz geforderten Voraussetzungen für die Erteilung, inbesondere ein waffenrechtliches Bedürfnis vor. Dabei sei der Grundsatz zu beachten, "so wenig Waffen wie möglich ins Volk" gelangen zu lassen.

Ungedämpfte Waffe habe einen Schallleistungspegel von ca. 160 dB(A)

Beim Kläger liege aber das erforderliche besonders anzuerkennende Interesse im Hinblick auf den Schutz seiner Gesundheit (Gehör) vor, zumal er bereits unter einem Tinnitus leide. Nach den Ausführungen des Waffensachverständigen des Landeskriminalamts habe eine Jagdwaffe wie die, für die der Kläger einen Schalldämpfer nutzen möchte, (ungedämpft) einen Schallleistungspegel von ca. 160 dB(A). Im Vergleich dazu betrage der von einem Verkehrsflugzeug in 7 m Abstand erzeugte Schalldruck 120 dB(A) und der Lärm eines Düsenjägers in 7 m Abstand 130 dB(A). Auch ein nur kurzfristiges Einwirken eines sehr lauten Geräusches (akustisches Trauma) könne zu irreparablen Gehörschäden führen.

Öffentliche Interessen von geringerem Gewicht

Demgegenüber seien die öffentlichen Interessen, die gegen die Erteilung von Erlaubnissen für den Erwerb/Besitz und das Führen eines Schalldämpfers sprächen, von geringerem Gewicht. Zwar hätten sich die Jagdverbände traditionell gegen die Verwendung von Schalldämpfern ausgesprochen. Auch gehe das Landeskriminalamt grundsätzlich von einem erhöhten Sicherheitsrisiko durch Schalldämpfer bei der Begehung von Straftaten aus. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Fälle sei die Anzahl der mit Schalldämpfern begangenen Straftaten jedoch sehr gering. Auch eine Gefährdung von nicht an der Jagd beteiligten Personen wie Wanderern durch ein "lautloses Jagen" drohe bei der Benutzung eines Schalldämpfers für eine großkalibrige Jagdwaffe nicht, da ein Schuss mit einer solchen Waffe auch mit einem Schalldämpfer laut und deutlich vernommen werden könne.

Elektronischer Gehörsschutz sei hier ungeeignet

Der Kläger, der ein auf beiden Ohren vorgeschädigtes Gehör habe und zudem beruflich zur Jagdausübung verpflichtet sei, könne auch nicht auf die Verwendung elektronischen Gehörsschutzes verwiesen werden. Dieser verstärke die Umgebungsgeräusche und verschließe sich im Augenblick des Schussknalls. Er könne insbesondere bei sog. Nachsuchen, bei denen Wild, das nicht sogleich an der Stelle zusammenbricht, wo es getroffen wurde, aufgespürt und erlegt werden muss, nicht eingesetzt werden. Der elektronische Schalldämpfer beeinträchtige das Richtungshören. Das sei insbesondere in Situationen gefährlich, in denen verwundetes Schwarzwild zum Gegenangriff übergehe. Zudem verstecke sich angeschossenes Wild typischerweise im Dickicht. Der recht massive Gehörsschutz könne  beim Eindringen in ein solches Dickicht vom Kopf gestreift werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die beklagte Stadt, deren Waffenrechtsbehörde den Antrag des Kägers auf Erteilung der Waffenbesitzkarte und des Waffenscheins abgelehnt hatte, kann innerhalb eines Monats Berufung einlegen. Die Berufung hat das Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 12.11.2014 - 1 K 2227/13

VG Freiburg, PM
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Ein saarländischer Jäger und Schafhalter ist beim Verwaltungsgericht mit dem Versuch gescheitert, eine Ausnahmegenehmigung von der Fuchsschonzeitverordnung zum zeitlich unbegrenzten Abschuss von Füchsen zu erstreiten. Urteil lesen

Ein Gerichtsvollzieher versuchte die Erteilung eines Waffenscheins zum dienstlichen Gebrauch gerichtlich durchzusetzen. Bereits mehrfach sah er sich im Zuge der Zwangsvollstreckung der Androhung von Gewalt ausgesetzt. Die Klage blieb ohne Erfolg. Urteil lesen

Waffenschein -  Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass verfassungsfeindliche Aktivitäten der Erteilung eines Waffenscheins regelmäßig auch dann entgegenstehen, wenn diese Aktivitäten im Rahmen der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei ausgeübt werden. Urteil lesen

Einem Sportschützen wurden seine Waffenbesitzkarten entzogen, weil er aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NPD und der Teilnahme an Veranstaltungen der Partei nicht mehr die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit habe. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de