Mit Urteil hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden, dass ein Soldat auf Zeit, der aufgrund familiärer Probleme (u.a. Suizidandrohung der Mutter) mehrfach unerlaubt dem Dienst ferngeblieben ist, aus der Bundeswehr entlassen werden kann.

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein Unteroffizier mit einer Verpflichtungszeit von vier Jahren, hatte im September 2010 an mehreren Tagen seinen Dienst nicht angetreten. In einem Fall hatte er dabei den ausdrücklichen telefonischen Befehl des Kompaniefeldwebels, sofort in der Kaserne zu erscheinen, missachtet. Daraufhin hatte die Beklagte den Kläger entlassen, weil dieser wiederholt seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt habe und bei einem Verbleib im Dienst die militärische Ordnung aufgrund einer erhöhten Wiederholungs- und Nachahmungsgefahr ernstlich gefährdet sei.

Die Entscheidung

Die hiergegen erhobene Klage, mit der sich der Kläger unter anderem auf äußerst schwerwiegende, seine Anwesenheit zuhause erfordernde psychische Probleme seiner Mutter berufen hatte, blieb ohne Erfolg. Der Kläger habe - so die Richter - durch sein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst seine soldatenrechtliche Grundpflicht zu treuem Dienen und seine Gehorsamsverpflichtung Vorgesetzten gegenüber verletzt. Dabei habe er auch schuldhaft gehandelt. Ihm sei bekannt gewesen, dass selbst im Falle einer Erkrankung die Anwesenheitspflicht in der Kaserne erst mit der Freistellung vom Dienst durch den Dienstvorgesetzten entfalle. Durch die Befehlsverweigerung und die wiederholte Verletzung von Melde- und Anwesenheitspflichten sei der Kernbereich der militärischen Ordnung tangiert.

Fundamentale und zentrale Pflichten eines Soldaten

Bei einem Soldaten seien Anwesenheit und Dienstleistung fundamentale und zentrale Pflichten. Die Verteidigungsbereitschaft sei nur gewährleistet, wenn sich die Bundeswehr auf deren strikte Erfüllung verlassen könne. Im Falle eines Verbleibs des Klägers im Dienst habe demgegenüber die begründete Befürchtung weiterer Pflichtverletzungen durch ihn selbst sowie auch von Nachahmungshandlungen anderer Kameraden bestanden. Gerade bei letzteren entstünde dann nämlich der Eindruck, die Bundeswehr gehe nicht konsequent gegen die Verletzung von Dienstpflichten vor und dulde damit letztlich vorschrifts- und befehlswidriges Verhalten.

Auch seien schließlich keine atypischen Einzelfallumstände erkennbar, welche eine mildere Reaktion der Beklagten verlangt hätten. Zwar habe sich der Kläger an zumindest einem der Fehltage ausgelöst durch eine Suiziddrohung seiner an Depressionen leidenden Mutter subjektiv verpflichtet gesehen, ihr persönlich beizustehen. Objektiv sei jedoch nicht erkennbar, weshalb eine erforderliche Betreuung nicht durch ein anderes Familienmitglied habe erfolgen können. Zudem sei der Kläger auch am Folgetag seinen Melde- und Anwesenheitspflichten nicht von sich aus nachgekommen. Erschwerend komme schließlich noch die wahrheitswidrige Behauptung des Klägers anlässlich einer späteren Vernehmung durch die Beklagte hinzu, ein Bundeswehrarzt habe ihm erlaubt, zuhause zu bleiben.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 19. Oktober 2011, 2 K 407/11.KO

VG Koblenz PM Nr. 48/2011
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