Der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW hat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster bestätigt, wonach die durchgängige polizeiliche Videobeobachtung einer friedlichen Versammlung rechtswidrig war.

Der Sachverhalt


Die Polizei hatte die Versammlung während ihres gesamten Verlaufs mit einer aufnahmebereiten Kamera beobachtet. Von dieser wurden Bilder in Echtzeit auf einen Monitor in einem voranfahrenden Kamerawagen übertragen. Bei einem unfriedlichen Verlauf sollten jederzeit Aufnahmen gefertigt werden können. Wenngleich keine Bilder gespeichert worden waren, hatte das Verwaltungsgericht einen Eingriff in die Grundrechte eines Versammlungsteilnehmers auf Versammlungsfreiheit und auf informationelle Selbstbestimmung angenommen, der nicht durch entsprechende Regelungen des Versammlungsgesetzes gedeckt gewesen sei. Danach darf die Polizei Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei öffentlichen Versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Diese Voraussetzungen lagen im konkreten Einzelfall nicht vor.

Die Entscheidung

Der 5. Senat ist der Argumentation der Polizei nicht gefolgt, einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfe eine Bildübertragung nur, wenn Aufnahmen gespeichert würden. Er hat hierzu ausgeführt: Die konkrete Kameraübertragung sei geeignet gewesen, bei den Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen. Aufgrund der Dauer des Einsatzes und der geringen Teilnehmerzahl sei auch ohne Speicherung eine intensive, länger andauernde und nicht nur flüchtige Beobachtung selbst einzelner Versammlungsteilnehmer auf dem Monitor möglich gewesen. Der Kameraeinsatz habe sich damit signifikant unterschieden von bloßen Übersichtsaufnahmen, die bei Großdemonstrationen zur Lenkung eines Polizeieinsatzes unter Umständen erforderlich seien, sowie von einer reinen Beobachtung durch begleitende Beamte.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 23.11.2010 - 5 A 2288/09

Querverweise:

Friedliche Demos dürfen von Polizei nicht gefilmt werden (Verwaltungsgericht Berlin)

Rechtsindex, PM des Oberverwaltungsgericht Münster
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