Lehrer müssen nicht immer die Note vergeben, die sich aus den einzelnen Noten der schriftlichen und mündlichen Leistungen ergeben. Haben sich die Leistungen zuletzt deutlich verschlechtert, kann aus einer 4,4 auch eine 5 werden.

Der Sachverhalt

Der Schüler eines Gymnasium wurde nicht in die 8.Klasse versetzt. Er hatte in Französisch und Mathematik eine 5 erhalten und konnte dies mit anderen Fächern nicht ausgleichen. Die Klassenkonferenz hatte entschieden, ihn nicht zu versetzen. Daraufhin stellte der Schüler, vertreten durch seine Eltern, einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht. Er machte vor allem geltend, die Note im Fach Französisch sei fehlerhaft, weil sie vom rechnerischen Durchschnitt seiner Leistungen abweiche.

Die Französisch-Lehrerin hatte die Endnote damit begründet, dass die Leistungen des Schülers sich deutlich verschlechtert hätten: Er habe in den beiden letzten Vokabeltests eine 6 geschrieben und zuletzt wiederholt seine Hausaufgaben nicht angefertigt. Darüber hinaus bestünden gravierende Mängel in den Bereichen Grammatik und Wortschatz. Der Schüler begreife die grammatikalischen Zusammenhänge nicht und könne sich sowohl mündlich als auch schriftlich nur selten in kompletten Sätzen äußern.

Die Entscheidung

Das Gericht lehnte den Eilantrag des Schülers ab. Für seine schriftlichen und mündlichen Leistungen im zweiten Schulhalbjahr und in dem für das Versetzungszeugnis ebenfalls zu berücksichtigenden ersten Halbjahr ergebe sich zwar eine Durchschnittsnote von 4,41. Die Lehrer seien aber bei der Notenvergabe nicht strikt an rechnerische Durchschnittsnoten gebunden und auch nicht dazu verpflichtet, in einem solchen Fall stets auf die Note 4 abzurunden. Sie müssten nach den rechtlichen Vorschriften bei der Notenvergabe vielmehr in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbewertung vornehmen, die die Beobachtungen im Unterricht sowie die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtige.

Abweichung der Durchschnittsnote möglich

Dies könne die Lehrkraft im Einzelfall zur Festsetzung einer Gesamtnote berechtigen, die von der sich rechnerisch aus den erbrachten Leistungen ergebenden Durchschnittsnote abweicht. Insbesondere dürfen die Lehrkräfte - so die Richter weiter - bestehende Lücken im fachbezogenen Grundwissen negativ berücksichtigen, die die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigen können. Außerdem dürfe in die Notenbildung einfließen, dass einige der zuletzt erbrachten Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine Lernentwicklung mit negativer Tendenz erkennen lassen. Die Lehrerin oder der Lehrer müsse allerdings nachvollziehbar begründen, dass ein tragfähiger Grund dafür besteht, vom rechnerisch zu ermittelnden Leistungsbild abzuweichen.

Abweichung wurde ausreichend begründet

Danach sei die Französisch-Note rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lehrerin habe ausreichend begründet, warum sie vom rechnerischen Durchschnitt abgewichen sei. Sie habe bei der Gesamtnotenbildung darüber hinaus berücksichtigen müssen, dass der Schüler für einige Teilleistungen wie eine Klassenarbeit und einen Vokabeltest Noten mit negativen Tendenzen („schwach ausreichend") erhalten habe.

Gericht:
Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 10.08.2010 - 6 B 149/10

Rechtsindex, PM des Verwaltungsgericht Braunschweig
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