Ein Leistungsausschluss für psychische Erkrankungen bei einer Reiserücktrittsversicherung ist zulässig, so das Urteil des AG München. Die Ausschlussklausel sei nicht überraschend und benachteilige den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen.

Der Sachverhalt

Aus dem Urteil geht folgender Sachverhalt hervor: Ein Paar buchte im April 2012 eine Pauschalreise nach Cancun, Mexiko zum Preis von 3481 Euro. Die Reise war für die zweite Hälfte des Oktobers geplant. Um sich abzusichern, schlossen die Reisenden eine Reiserücktrittsversicherung ab. Die Versicherungsbedingungen enthielten einen Leistungsausschluss für psychische Erkrankungen.

Im Mai wurde bei dem Mann eine mittelgradige Depression diagnostiziert, die es ihm unmöglich machte, die Reise anzutreten. Daraufhin stornierte das Paar den Urlaub. Sie erhielten nur einen Teil des Reisepreises zurück. Die Erstattung der Stornokosten in Höhe von 2161 Euro verlangten sie deshalb von der Reiserücktrittsversicherung. Diese verwies allerdings auf die Klausel in ihren Versicherungsbedingungen. Die Klausel sei überraschend und unwirksam, entgegneten die Reisenden und erhoben Klage vor dem Amtsgericht München.

Das Urteil des AG München

Die Klage wurde abgewiesen. Ein Leistungsanspruch aus der Reiserücktrittsversicherung bestünde nicht, denn psychische Erkrankungen seien wirksam ausgeschlossen worden, so das Urteil

Ausschlussklausel sei nicht überraschend

Eine Klausel sei dann überraschend, wenn ihr Inhalt nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sei, das mit dieser Regelung nicht gerechnet werden könnte. Dabei sei auf die Erkenntnismöglichkeiten eines Durchschnittskunden abzustellen.

Ein entsprechender Leistungsausschluss sei in anderen Versicherungszweigen, so etwa der Unfallversicherung, der Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung und der Kinderinvaliditätsversicherung schon seit längerer Zeit anerkannt. Dies stelle ein starkes Indiz dafür dar, dass objektiv mit einer solchen Ausschlussklausel gerechnet werden müsse. Auch erscheine die Ausschlussklausel nicht etwa an leicht zu übersehender Stelle, sondern füge sich systematisch in das Klauselwerk ein. Auch ein "Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt" sei nicht gegeben. Ein solcher Überraschungseffekt liege deswegen nicht vor, da generell bei Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung nicht sämtliche denkbaren Ereignisse versichert seien. Zudem sei der Hinweis auf den Ausschluss deutlich, auch im Rahmen einer ausgehändigten Übersicht, erfolgt.

Die Regelung sei auch klar und verständlich. Sie lasse keine Zweifel offen, dass die Versicherung im Falle einer psychischen Erkrankung nicht leiste. Der Begriff "psychische Erkrankung" sei im allgemeinen Sprachgebrauch gebräuchlich, es handele sich nicht um einen spezifischen Fachbegriff, der für den typischen Verwender nicht ohne weiteres zu verstehen sei.

Die Klausel benachteilige den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen

Sofern eine Versicherung keine falschen Vorstellungen erwecke, sei sie in der Bestimmung des Umfangs der versicherten Ereignisse aufgrund ihrer unternehmerischen Entscheidung grundsätzlich frei. Eine Gefährdung des Vertragszwecks sei erst dann anzunehmen, wenn die Leistungseinschränkung den Vertrag so weit aushöhle, dass er in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos werde. Dies sei hier nicht der Fall. Der Versicherungsschutz umfasse sämtliche im Übrigen versicherten Ereignisse, so u.a. physische Erkrankungen. Da mithin ein weitgespannter Versicherungsschutz bestehe, könne nicht von einer Gefährdung des Leistungszwecks gesprochen werden. Aufgrund der klaren Auflistung der Leistungsfälle werde diesbezüglich auch kein falscher Eindruck erweckt.

Im Übrigen sei eine Benachteiligung dann unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versuche, ohne von vornherein auch dessen Belange ausreichend zu berücksichtigen.

Die Ausschlussklausel diene nicht lediglich den Interessen des Versicherers, sondern auch denjenigen der Versicherungsnehmer. Das Interesse des Versicherers, nur bei objektiv fassbaren, möglichst unproblematisch zu diagnostizierenden Erkrankungen zu leisten, schlage sich in der, dem Versicherungsnehmer zu Gute kommenden Tarifkalkulation nieder und gewährleistet eine -mit vertretbarem Aufwand und zeitnah zu treffende- Entscheidung über die Versicherungsleistungen. Eine möglichst reibungslose, kostengünstige Vertragsabwicklung sei gerade bei der Einbeziehung von psychischen Erkrankungen erheblich erschwert, denn diese Erkrankungen würden stark von den persönlichen Dispositionen eines Versicherungsnehmers abhängen. Als Auslöser komme praktisch jedwedes Geschehen in Betracht.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 12.06.2013 - 172 C 3451/13

AG München, PM 28/13
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