Ein Hauseigentümer blieb nun auf 30% eines Brandschadens sitzen, weil er das Haus über Jahre verwahrlosen ließ. In dem frei zugänglichen, unbewohnten Haus hatten mehrere Kinder mit entzündeter Pappe Licht erzeugen wollen, wodurch ein Feuer entstand und das gesamte Haus abbrannte.

Der Sachverhalt

Im November 2006 gelangten die damals 8, 9, 11 und 12 Jahre alten Kinder in ein seit Jahren leerstehendes Haus. Um sich Licht zu machen, entzündeten sie eine Pappe, verursachten aber ein Feuer, wodurch das gesamte Wohnhaus abbrannte. Der Kläger, dem der Anspruch der Eigentümerin abgetreten wurde, begehrte von vier Geschwistern und ihrer Mutter Schadensersatz in Höhe von noch ca. 25.000,-- €.

Der Kläger sieht alle Kinder in der Verantwortung, da sie die Gefährlichkeit ihres Handelns in ihrem Alter hätten erkennen müssen. Der Mutter warf er die Verletzung ihrer Aufsichtspflicht vor. Die Versicherung der Beklagten hatte vorgerichtlich die Hälfte des Schadens reguliert und lehnte wie die Beklagten im Prozess eine weitere Zahlung mit der Begründung ab, die Eigentümerin des Grundstücks treffe ein hälftiges Mitverschulden wegen des jahrelangen Leerstandes und der Verwahrlosung des Hauses.

Hätten die Kinder die Gefährlichkeit ihres Handelns erkennen müssen?


Nach Ansicht des Landgerichts Koblenz hätten die beiden älteren Kinder wegen ihres Alters (11 und 12 Jahre), im Gegensatz zu den jüngeren Geschwistern, die Gefährlichkeit ihres Handelns erkennen müssen. Die beiden Kinder wurden zur Zahlung des vollen Schadensersatzes verurteilt. Die Mutter habe ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt, die Klage gegen sie hat das Landgericht daher abgewiesen. Ein Mitverschulden der Eigentümerin bestehe nicht, da sie mit einem Zündeln im Haus nicht habe rechnen müssen.

Gegen das Urteil legten die beiden verurteilten Beklagten Berufung ein. Sie verfolgten insbesondere den Einwand weiter, den Kläger treffe wegen der erheblichen Verwahrlosung des Hauses ein mindestens hälftiges Mitverschulden am Schaden.

Die Entscheidung

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat nun entschieden, dass dem Kläger zwar grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch gegen die beiden Kinder zustehe, da sie den Brand verschuldet hätten und wegen ihres Alters (11 und 12 Jahre) im Gegensatz zu den jüngeren Geschwistern schon hinreichend einsichtsfähig gewesen seien.

Haus war ein Anziehungspunkt für Unbefugte - Mithaftung des Eigentümers


Allerdings müsse sich der Kläger das Mitverschulden des Eigentümers in einer Quote von 30 % entgegenhalten lassen, so dass er den entstandenen Schaden nur zu 70% ersetzt bekomme. Aufgrund der Beweisaufnahme kam der Senat zu der Überzeugung, dass das Grundstück und das Hausinnere über Jahre erkennbar verwahrlost gewesen seien. Das Haus sei frei zugänglich gewesen, Menschen seien ein- und ausgegangen und hätten es gar als Toilette benutzt. Es sei zum Anziehungspunkt für Unbefugte geworden, insbesondere für Kinder, die es als „Abenteuerspielplatz“ angesehen hätten.

Eigentümer traf keine Vorsorge für unbefugtes Betreten


Dem Eigentümer habe sich die Gefahr aufdrängen müssen, die von spielenden Kindern auf einem verwahrlosten Grundstück ausgehe. Er hätte deswegen Vorsorge treffen müssen, damit das verwahrloste Hausanwesen keine „Einladung“ für Kinder zum Spielen hätte darstellen können. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte treffe den Eigentümer daher ein Mitverschulden, das mit 30% des Schadens zu bemessen sei.

Von dem Gesamtschaden in Höhe von ca. 51.300,-- Euro entfielen auf die Beklagten 70%, also ca. 35.900,-- Euro. Hierauf hatte der Kläger bereits ca. 25.650,-- Euro, also die Hälfte des Gesamtschadens, erhalten, so dass die Beklagten nun noch zu einer Restzahlung von ca. 10.250,-- Euro nebst anteiliger außergerichtlicher Kosten verurteilt wurden.

Themenindex:

Brandschaden, Mithaftung, Haftungsquote

Gericht:
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 15. Juni 2011 - 1 U 643/10

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