Das bloße Aufheben eines heruntergefallenen Handys kann nicht als Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO gewertet werden. Denn bei einer solchen Handhabung fehlt jeglicher Bezug zu einer gerätetechnischen Bedienfunktion. Wird das Handy aber aufgenommen, um die Uhrzeit abzulesen, liegt ein Verstoß vor.

Aufgrund der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung ist von einer verbotswidrigen Benutzung gemäß § 23 Absatz 1a StVO auszugehen, wenn die beanstandete Handlung des Betroffenen einen Bezug zu einer der Funktionen des Geräts hat (OLG Köln, Beschluss vom 23.08.2005, 83 Ss OWi 19/05; OLG Bamberg, Beschluss vom 27.04.2007, 3 Ss OWi 452/2007).

Nicht erfasst werden ausschließlich Handlungen, die keinen Zusammenhang zu einer bestimmungsgemäßen Verwendung aufweisen wie beispielsweise das bloße Aufheben oder Umlagern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2006, IV Ss OWi 134/06).

Aus dem Beschluss des OLG Düsseldorf (IV Ss OWi 134/06)

Das Amtsgericht hatte das bloße Aufheben als Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO gewertet und von einer weiteren Sachaufklärung durch Vernehmung der als Zeugen geladenen Polizeibeamten abgesehen. Diese Beurteilung des Normgehalts der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO ist rechtsfehlerhaft, so das OLG Düsseldorf. Sie überschreitet die äußersten Grenzen verfassungskonformer richterlicher Auslegung, die durch den (noch) möglichen Wortsinn markiert wird. Da Art. 103 Abs. 2 GG Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit für den Normadressaten verlangt, ist für die Auslegung einer bußgeldbewehrten Verbotsvorschrift in erster Linie der für den Adressaten erkennbare und verstehbare Wortlaut des gesetzlichen Tatbestandes maßgebend. Für Interpretationen, die über den erkennbaren Wortsinn hinausgehen, ist dabei kein Raum (vgl. BVerfGE 71, 108, 114 f. =  NJW 1986, 1671, 1672; BVerfGE 73, 206, 234 f. = NJW 1987, 43, 44; BVerfGE 92, 1, 12 f. = NJW 1995, 1141; BVerfG NJW 2005, 2140, 2141; KK-Rogall, OWiG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 31 u. 53 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann jedenfalls in dem bloßen Aufheben oder Umlagern eines Mobiltelefons kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO gesehen werden (vgl. OLG Köln NJW 2005, 3366, 3367; zustimmend: Schäpe DAR 2005, 696, 697; Scheffler NZV 2006, 128, 129). Denn bei einer solchen Handhabung fehlt jeglicher Bezug zu einer gerätetechnischen Bedienfunktion. Ein Kraftfahrzeugführer muss nach dem erkennbaren und verstehbaren Wortlaut der Verbotsvorschrift nicht damit rechnen, dass bereits das bloße Aufheben oder Umlagern eines Mobiltelefons sanktioniert wird. Es wäre auch nicht einsichtig, eine solche funktionsneutrale Tätigkeit bei einem Mobiltelefon anders zu bewerten als bei sonstigen im Fahrzeug mitgeführten Gegenständen (z.B. Getränkeflasche, Zeitschrift, Zigarettenschachtel).

Uhrzeit am Handy ablesen

Wird jedoch das Mobiltelefon aufgenommen, um die Uhrzeit abzulesen, liegt eindeutig ein Verstoß gegen § 23 Absatz 1a StVO vor (OLG Hamm, Beschluss vom 06.07.2005, 2 Ss OWi 177/05; Herrmann, NStZ 2011, 65f. mit umfangreichen Nachweisen; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 1 SsRs 1/14).

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