Stellt sich auf einem Feldweg ein Fußgänger vor ein heranfahrendes Motorrad und will es am Vorbeifahren hindern, trifft dem Fußgänger eine hälftige Mitschuld, wenn es zur Kollision kommt. Selbst wenn das Motorrad gar nicht für den öffentlichen Verkehr zugelassen war.

Der Sachverhalt

Nach einer Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline stand der Fußgänger nach Aussage eines Zeugen mitten auf dem nur 2,40 Meter schmalen Schotterweg. Der Motorradfahrer sah zwar den mit der Faust drohenden und sichtlich aufgeregten Mann, versuchte aber dennoch an dem Fußgänger rechts vorbeizufahren, weil er keinen Ärger wollte. Der Fußgänger machte aber einen Schritt Richtung Motorrad und es kam zur Kollision.

Dabei verletzte sich der Fußgänger das rechte Schienenbein und erlitt eine rechtsseitige Rippenfraktur im hinteren seitlichen Bereich des Brustkorbs. Ein Verletzungsbild, das nach Feststellung eines Gutachters in allen Details den vom Zeugen geschilderten Unfallhergang belegt. Während der betroffene Fußgänger jedoch behauptet, fernab von der Fahrspur in der Böschung gestanden zu haben. Weshalb ihn auch keinerlei Mitschuld an dem Malheur träfe.

Das Urteil des Oberlandesgericht Koblenz

Mit dem von dem Zeugen geschilderten Unfallhergang sind sowohl die auf den Lichtbildern in der Ermittlungsakte festgehaltenen Spuren des Motorrads auf dem Schotterweg als auch die Beschädigung der Grasnarbe, die vom Sturz des Motorrads herrührt vereinbar. Die Verletzungen des Fußgängers sprechen ebenso dafür.

Haftungsquote

Bei der Bewertung des Haftungsanteils des Motorradfahrers (Beklagter) war zu berücksichtigen, dass dieser mit einem nicht zugelassenen Motorrad einen Feldweg befuhr. Er bemerkte zwar, dass der Kläger mitten auf dem Weg stand, mit der Faust drohte und sichtlich aufgeregt war. Dennoch versuchte der Beklagte auf dem schmalen, nur 2,40 m breiten Weg mit einem Abstand von nur ca. 65 cm an dem Kläger vorbeizufahren. Ein umsichtiger Fahrer hätte angehalten und abgewartet, ob ihm der Kläger den Weg freimacht und ihn passieren lässt. Der Beklagte musste erkennen, dass es zu einer Kollision kommen konnte, wenn der Kläger seine Position verändert. Dennoch wollte er weiterfahren, weil er keinen Ärger haben wollte.

Auf Seiten des Fußgängers fällt ins Gewicht, dass dieser sich dem Beklagten nicht nur in den Weg gestellt hat, sondern ihn auch noch am Vorbeifahren hindern wollte, indem er einen Schritt zu dem Motorrad hin machte. Damit hat er eine Kollision geradezu provoziert.

Gericht:
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 15.10.2012 - 12 U 819/11

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