Ist ein Gebäude zum Besteuerungszeitraum vollkommen verwahrlost, gilt das betreffende Grundstück nicht allein deswegen als unbebaut, so das Urteil des Hessischen Finanzgerichts.

Der Sachverhalt

Schenkt man diversen Fernsehsendungen und sonstigen Medienberichten Glauben, dann nimmt die Zahl der so genannten "Messies" ständig zu - also der Menschen, die in ihren Wohnungen und Häusern erhebliche Mengen von Müll anhäufen. Wenn jemand solche Immobilien erbt, dann muss er zunächst einmal einen großen Aufwand betreiben, um sie weiterverkaufen zu können.

Die Finanzgerichtsbarkeit musste sich nach Information des Infodienstes Recht und Steuern der LBS mit einer solchen Konstellation befassen und entscheiden, wie steuerrechtlich damit umzugehen sei.

Der Fall: Die Erben von zwei Häusern trauten ihren Augen nicht, als sie die Objekte erstmals nach dem Tod ihrer Angehörigen gründlich inspizierten. Es fanden sich große Mengen von Essensresten, verschmutzter Wäsche und Geschirr, außerdem Berge von alten Zeitungen und vertrocknete Pflanzen. Wegen eines Wasserschadens waren die Möbel marode. Es blieb nichts anderes übrig, als eine groß angelegte Entrümpelung mit Hilfe von Profis durchzuführen. Anschließend kamen die Erben auf die Idee, wegen des verwahrlosten Zustandes der Immobilien müssten diese steuerlich als nicht existent betrachtet werden. Das heißt, man müsse die Grundstücke rechtlich als unbebaut bewerten. In dem Fall wären nur 160.000 Euro zu versteuern gewesen. Tatsächlich hatte man jedoch beim Weiterverkauf rund 400.000 Euro eingenommen.

Die Entscheidung

Das hessische Finanzgericht zeigte zwar ein gewisses Verständnis für die Nöte der Erben, sah jedoch keine Gründe, sie steuerlich in der gewünschten Weise zu bevorzugen. Beide Häuser seien in der Substanz intakt gewesen, stellten sie fest. Auch Schimmel habe man nicht entdeckt. Die Objekte seien zwar extrem ungepflegt gewesen, aber offenkundig doch noch zu einem weit höheren Preis als dem bloßen Grundstückswert zu verkaufen gewesen. Von diesem Wert müsse man steuerlich im konkreten Fall auch ausgehen. Eine Behandlung wie unbebaute Grundstücke komme nicht in Frage.

Rechtsgrundlagen:
§ 145 BewG, § 22 BewG, § 72 Abs 3 BewG, § 138 Abs 5 S 1 BewG

Gericht:
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 26.05.2011 - 3 K 2993/09

Infodienst Recht und Steuern der LBS
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