Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung könne bei einem Laktoseintoleranten, der sich mit Fleisch und Fisch ernähre zutreffen, jedoch nicht für einen sich vegetarisch Ernährenden mit Laktoseintoleranz, so das Urteil des Landessozialgerichts RP.

Entstehen einem Leistungsempfänger von ALG II mit Laktoseintoleranz aufgrund seiner vegetarischen Lebensweise tatsächlich keine Mehrkosten gegenüber einem Gesunden, hat er keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

Der Sachverhalt

Grundsätzlich deckt der im Rahmen der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ("Hartz-IV") gewährte Regelbedarf die Kosten der gesamten Ernährung ab. Etwas anderes gilt aber bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen; diese erhalten einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.

Kläger macht Mehrkosten wegen Milchersatzprodukten geltend

Der Kläger, der seit Jahren Vegetarier ist und kein Fleisch, keinen Fisch bzw. keine Produkte, die Gelatine enthalten, verzehrt, machte gegenüber dem Jobcenter geltend, dass er höhere Kosten für den Kauf von Milchersatzprodukten habe, nachdem bei ihm mittels eines oralen Laktosetoleranztests eine Milchzuckerunverträglichkeit festgestellt worden war.

Das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz

Der vom Landessozialgericht beauftragte Ernährungsberater kam in seinem ernährungswissenschaftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass dies zwar zutreffen könne, wenn sich ein Laktoseintoleranter mit Fleisch und Fisch ernähre, nicht jedoch für einen sich vegetarisch Ernährenden.

Aufgrund der ersparten Aufwendungen für Fleisch und Fisch habe der Kläger gegenüber einem sich mit einer normalen Vollkost ernährenden Leistungsempfänger sogar geringfügig geringere Ausgaben, unter der Voraussetzung dass nur die preiswertesten Lebensmittel genommen werden. Gestützt auf dieses Gutachten bestätigte daher das Landessozialgericht im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Koblenz.

Der Kläger könne nicht verlangen, fiktiv so gestellt zu werden wie ein sich nicht vegetarisch ernährender Leistungsempfänger, der keinen Milchzucker vertrage. Auch komme es für die Frage des medizinisch bedingten Mehrbedarfs allein darauf an, welche Kosten dem Kläger ausgehend von seiner Größe und seinem Gewicht für eine seinen Nährstoffbedarf ausreichend abdeckende laktosefreie Ernährung entstünden. Bevorzuge der Kläger aus persönlichen Gründen bestimmte Produkte, sei dies für die Höhe seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II ohne Belang.

Gericht:
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.03.2013 - L 6 AS 291/10

LSG RP, PM Nr. 8/2013
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