Eine islamische Familie, die ihre bisherige Wohnung durch Zwangsräumung verlor, begehrte aus religiösen Gründen statt der angebotenen Räume in einer Gemeinschaftsunterkunft eine abgeschlossene Wohnung. Dieses Begehren wurde abgelehnt.

Eine Obdachlosenunterkunft müsse lediglich Mindestanforderungen bezüglich einer menschenwürdigen Unterbringung genügen, da sie nur der Behebung einer vorübergehenden Notlage diene. Dies besage auch, dass die Unterkunft nicht jede religiöse Ausgestaltung des Privatlebens ermöglichen müsse.

Der Sachverhalt

Die Antragsteller beziehen Arbeitslosengeld II und verloren ihre bisherige Wohnung letztlich durch Zwangsräumung, nachdem ihnen zuvor die Sozialbehörde zur Abdeckung aufgelaufener Mietrückstände Darlehen von mehr als 4.000,-- € gewährt hatte.

Die Stadt Mainz stellte den Antragstellern infolge der Zwangsräumung in einer Gemeinschaftsunterkunft zwei Zimmer nebst Bad und WC sowie Küchenmitbenutzung zur Verfügung. Diese Unterkunft lehnten die Antragsteller aus religiösen Gründen ab. Nach dem Koran sei es verheirateten Frauen verboten, sich in Abwesenheit des Ehemannes mit anderen Männern in einem Raum aufzuhalten, machten sie geltend.

Die Entscheidung

Den beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag der Familienmitglieder, die Stadt Mainz per einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihnen eine mindestens zwei Zimmer umfassende abgeschlossene Wohnung zur Verfügung zu stellen, haben die Richter der 1. Kammer abgelehnt. Die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft sei den Antragstellern zumutbar, befanden die Richter.

Eine Obdachlosenunterkunft müsse lediglich Mindestanforderungen bezüglich einer menschenwürdigen Unterbringung genügen, da sie nur der Behebung einer vorübergehenden Notlage diene. Dies besage auch, dass die Unterkunft nicht jede religiöse Ausgestaltung des Privatlebens ermöglichen müsse, so dass es Sache der Antragsteller sei, in ihren abgeschlossenen Räumen in der Gemeinschaftsunterkunft ihr Leben im Rahmen des Möglichen nach ihren Vorstellungen zu gestalten.

Gericht:
Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 18.09.2012 - 1 L 1051/12.MZ

VG Mainz, PM Nr.18/2012
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