Wird dem Reisenden statt eines Zimmers in dem vertraglich zugesicherten Hotel ein Zimmer in einem anderen Hotel zur Verfügung gestellt, mindert sich der Reisepreis für die Dauer des Mangels auch dann, wenn das andere Hotel in der Nähe des gebuchten liegt und im Wesentlichen den gleichen Standard aufweist.*

Auch bei einer - auf die gesamte Reise gesehen - eher geringen Minderungsquote liegt regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor, wenn die Leistungen des Reiseveranstalters an einzelnen Reisetagen so erhebliche Mängel aufweisen, dass der Vertragszweck an diesen Tagen jedenfalls weitgehend verfehlt wird und die Urlaubszeit insoweit nutzlos aufgewendet wird.*

Der Sachverhalt

Die Kläger begehren von dem beklagten Reiseveranstalter eine Erstattung aufgrund eines wegen Mängeln geminderten Reisepreises sowie eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Die Parteien vereinbarten eine Unterbringung in einem Zimmer mit Meerblick oder seitlichem Meerblick in einem bestimmten Hotel in Antalya. Da dieses überbucht war, wurden die Kläger für drei Tage in einem anderen Hotel untergebracht. Das Zimmer in diesem Hotel bot keinen Meerblick und wies schwerwiegende Hygienemängel auf (fehlende Reinigung vor Bezug und während des Aufenthalts, Blutflecken auf dem Boden, ein mit Erbrochenem verunreinigtes und stark danach riechendes Kinderbett, eine Vielzahl von Ameisen sowie Bohrstaub im Badezimmer).

Aus den Entscheidungsgründen des BGH

Folgende Minderungen erachtet der BGH als rechtmäßig:

  • Die Unterbringung in einem anderen als dem gebuchten Hotel begründe auch bei vergleichbarem Standard und räumlicher Nähe zum gebuchten Hotel bereits als solche eine Minderung um 10 % für die betroffenen Reisetage.
  • Weitere 5 % rechtfertigten sich wegen des fehlenden (zumindest) "seitlichen Meerblicks".
  • Wegen der Hygienemängel sei eine Minderung des Tagesreisepreises für drei Tage in Höhe von 70 % angemessen.
  • Für den Umzug in das ursprünglich gebuchte Hotel sei eine Minderung des Tagesreisepreises in Höhe von 100 % zu veranschlagen. Das Packen der Koffer, insbesondere für die mitreisenden Kinder, die Mühen des Umzugs sowie die mit einem Wechsel zwangsläufig verbundene Eingewöhnungsphase im neuen Hotel führten zu einer vollständigen Entwertung des betroffenen Reisetags.
  • Den Klägern steht eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651f Abs. 2 BGB zu, weil die Reise aufgrund der gravierenden hygienischen Mängel des Zimmers in dem anderen Hotel und des erforderlichen Umzugs erheblich beeinträchtigt war. Hiernach erachtet der Senat eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 600 € für alle Reisenden für angemessen.

Rechtsgrundlagen:
§ 651c Abs 1 BGB, § 651d Abs 1 BGB, § 651f Abs 2 BGB

Themenindex:
Reisepreisminderung

Volltext:
BGH, Az. X ZR 111/16

Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.11.2017 - X ZR 111/16

Quelle: BGH
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*amtliche Leitsätze

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