Erweckt die Etikettierung eines Lebensmittels den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat, die tatsächlich nicht vorhanden ist (und ergibt sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten), ist eine solche Etikettierung geeignet, den Käufer über die Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen .

Der Sachverhalt

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte bereits im Jahr 2011 vor dem Landgericht Düsseldorf gegen das Unternehmen Teekanne geklagt. Teekanne vertrieb unter anderem den aromatisierten Früchtetee "Felix Himbeer-Vanille Abenteuer".

Auf der Vorderseite der Verpackung waren Himbeeren und Vanilleblüten abgebildet. Außerdem waren dort die Hinweise "Früchtetee mit natürlichen Aromen" und "nur natürliche Zutaten" prominent platziert. Das Verzeichnis der Zutaten auf einer Seite der Verpackung lautet: "Hibiskus, Apfel, süße Brombeerblätter, Orangenschalen , Hagebutten, natürliches Aroma mit Vanillegeschmack, Zitronenschalen, natürliches Aroma mit Himbeergeschmack, Brombeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren". Nach Ansicht des vzbv vermittelten diese Botschaften Verbrauchern den Eindruck, dass der Tee natürliche Bestandteile aus Himbeeren und Vanille enthalte. Tatsächlich enthielt der Tee keinerlei natürliche Bestandteile oder Aromen dieser Früchte.

Die Frage an den Gerichtshof

Der letztinstanzlich angerufene Bundesgerichtshof fragt den Gerichtshof, ob die Etikettierung eines Lebensmittels den Verbraucher irreführen kann, wenn sie den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat erweckt, die tatsächlich in dem Erzeugnis nicht vorhanden ist und der Verbraucher dies nur feststellen kann, wenn er das Verzeichnis der Zutaten liest.

Das Urteil des EuGH (C - 195/14)

In seinem Urteil (C - 195/14) weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Käufer nach dem Unionsrecht über korrekte, neutrale und objektive Informationen verfügen muss, durch die er nicht irregeführt wird, und die Etikettierung eines Lebensmittels nicht irreführend sein darf.

Auch wenn angenommen wird, dass der Verbraucher das Verzeichnis der Zutaten vor dem Kauf eines Erzeugnisses liest, schließt der Gerichtshof nicht aus, dass die Etikettierung des Erzeugnisses geeignet sein kann, den Käufer irrezuführen, wenn bestimmte Elemente der Etikettierung unwahr, falsch, mehr deutig, widersprüchlich oder unverständlich sind.

Der Gerichtshof stellt klar, dass in einem solchen Fall das Verzeichnis der Zutaten, auch wenn es richtig und vollständig ist, ungeeignet sein kann, einen falschen oder missverständlichen Eindruck zu berichtigen, der sich für den Verbraucher aus der Etikettierung des Lebensmittels ergibt. Erweckt die Etikettierung eines Lebensmittels den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat, die tatsächlich nicht vorhanden ist (und ergibt sich dies allein aus dem Verzeichnis der Zutaten), ist eine solche Etikettierung daher geeignet, den Käufer über die Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen.

Das nationale Gericht wird daher bei der Prüfung der verschiedenen Elemente der Etikettierung des Tees festzustellen haben, ob ein normal informierter und vernünftig aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher über das Vorhandensein von Himbeer- und Vanilleblütenzutaten oder aus diesen Zutaten gewonnenen Aromen irregeführt werden kann. Dabei wird das nationale Gericht die verwendeten Begriffe und Abbildungen sowie Platzierung, Größe, Farbe, Schriftart, Sprache, Syntax und Zeichensetzung der verschiedenen Elemente auf der Verpackung des Früchtetees zu berücksichtigen haben.

Gericht:
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.06.2015 - C - 195/14

EuGH, vzbv
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