Das Landgericht Wuppertal hat im Fall einer Solinger Apotheke entschieden, dass das Stechen von Ohrlöchern keine apothekenübliche Dienstleistung darstelle und nicht der Gesundheit diene. Im Gegenteil werde beim Stechen von Ohrlöchern die körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt.

Der Sachverhalt

Eine Apotheke bot Ohrlochstechen inklusive Stecker mit dem Ohrlochstechsystem Studex 75 an. Der Antragsteller hielt dies für wettbewerbswidrig. Er meint, hierin läge ein Verstoß gegen Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), die es Apothekern nur erlaube, apothekenübliche Waren und Dienstleistungen anzubieten. Weder das Stechen von Ohrlöchern noch das Anbieten von Ohrsteckern würden darunter fallen.

Das Urteil des Landgerichts Wuppertal (12 O 29/15)

Das Stechen von Ohrlöchern und das Einsetzen eines in der Apotheke erworbenen Ohrsteckers sind nicht apothekenüblich im Sinne des § 1a Abs. 10 u. 11 ApBetrO und dürfen deshalb von Apotheken nach § 2 Abs. 4 ApBetrO nicht angeboten werden, so das Urteil des Landgerichts Wuppertal (12 O 29/15).

Apothekenübliche Waren und Dienstleistungen

Apothekenübliche Waren sind solche, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern. Entsprechendes gilt für apothekenübliche Dienstleistungen.

Dass das Stechen von Ohrlöchern gesundheitsdienlich oder -förderlich sein könnte ist abwegig und wird so selbstverständlich auch von der Apotheke nicht behauptet. Das Vorgehen ist möglicherweise weniger gesundheitsgefährdend als das Tun anderer Ohrlochstecher. Es hat trotzdem keine positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der (sehr schonend) "durchstochenen" und mit einem (besonders geeigneten) Ohrstecker (hygienisch einwandfrei) versehenen Kunden.

Ohrlochstechen: Keine positive Auswirkung auf die Gesundheit

Mit dem Komplettangebot der Apotheke wird mit dem Einverständnis der Betroffenen in deren körperliche Unversehrtheit eingegriffen, ohne dass sich dies auf ihre Gesundheit positiv auswirkt.

Presse-Echo

Der Verband EPM, der die Interessen von Ohrlochstech-Spezialisten vertritt und Verbraucher über hygienisches Ohrlochstechen informiert, reagierte auf das Urteil (12 O 29/15) mit Enttäuschung und Unverständnis. "In einer Zeit, in der in Deutschland ein schleichendes Apotheken-Sterben beklagt wird, zielt ein solches Urteil am Wohl der Verbraucher und der Apotheker vorbei: Verbraucher fragen gezielt nach Apotheken, die Ohrlochstechen anbieten, weil sie dort gesundheitliche Fachkompetenz vermuten. Und Apotheken müssen wirtschaftlich arbeiten dürfen, um langfristig überleben zu können. Daher halten wir das Urteil für nicht zeitgemäß," erklärt Ingo Reiners, Repräsentant des EPM.

Gericht:
Landgericht Wuppertal, Urteil vom 01.01.2015 - 12 O 29/15

LG Wuppertal
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