Der von einem Rechtsanwalt öffentlich oder in Schriftsätzen einem anderen Rechtsanwalt gegenüber erhobene Vorwurf des Prozessbetrugs stellt eine unlautere (§ 4 Nr. 7 UWG) Herabsetzung eines Mitbewerbers dar, wenn dies ohne konkreten Bezug zum weiteren Inhalt der Gesamtäußerung steht.

Der Sachverhalt

Die Parteien sind Rechtsanwälte. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Unterlassung geschäftsehrverletzender Äußerungen. Der Beklagte habe den Kläger in Newslettern als Prozessbetrüger bezeichnet.  Die Äußerung des Beklagten sei in den Entscheidungsgründen eines Urteils des OLG Oldenburg "eingebettet". Ohne konkreten Bezug zum sonstigen Inhalt seiner Ausführungen qualifiziere der Beklagte den Kläger als Prozessbetrüger ab.

Des Weiteren habe der Beklagte den Kläger in Schriftsätzen an ein Gericht als "gewerblich Prozessbetrug begehenden Rechtsanwalt" oder "Meisterbetrüger"  bezeichnet.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (Az. 6 U 75/12)

Die Äußerungen sind unzulässig, weil es sich um Schmähkritik des Klägers handelt, die nicht dem verfahrensrechtlichen Äußerungsprivileg unterfällt. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 823, 1004 BGB.

Amtliche Leitsätze

1. Die in einem anwaltlichen Schriftsatz aufgestellte Aussage, der gegnerische Rechtsanwalt begehe "gewerblich Prozessbetrug" und sei ein "Meisterbetrüger", stellt eine verfahrensrechtlich nicht privilegierte, unzulässige Schmähkritik dar; dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Vorwurf des Prozessbetrugs in Einzelfällen berechtigt ist.

2. Der von einem Rechtsanwalt öffentlich oder in Schriftsätzen einem anderen Rechtsanwalt gegenüber erhobene Vorwurf des Prozessbetrugs stellt eine unlautere (§ 4 Nr. 7 UWG) Herabsetzung eines Mitbewerbers dar, wenn dies ohne konkreten Bezug zum weiteren Inhalt der Gesamtäußerung steht. Soweit der Vorwurf in einem Schriftsatz erfolgt, kann sich der Rechtsanwalt jedenfalls dann nicht auf den Grundsatz der verfahrensrechtlichen Privilegierung berufen, wenn an dem Verfahren, zu dem der Schriftsatz eingereicht wird, weder der andere Rechtsanwalt noch dessen Mandant beteiligt sind.

Die Bezeichnung des Klägers als "Prozessbetrüger" ist jedenfalls im Kontext der Verletzungshandlungen wettbewerbswidrig (§§ 3, 4 Nr. 7 UWG). Der pauschale Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens ("betrügerisch") ist hier als Werturteil anzusehen (vgl. BGH WRP 2009, 631 Tz. 15 - Fraport-Manila-Skandal; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, Rdn. 8.16 zu § 4 UWG). Der Vorwurf des Prozessbetrugs ist massiv, ohne dass in dem o. g. Newsletter oder in dem o. g. Schriftsatz auch nur ansatzweise der Versuch unternommen wird, ihn durch entsprechende Tatsachen zu untermauern. Dies ist im Rahmen der bei § 4 Nr. 7 UWG vorzunehmenden Interessenabwägung regelmäßig unlauter (vgl. BGH GRUR 2012, 74, Tz. 37 - Coaching-Newsletter).

Es ist angesichts dieser Verletzungshandlungen unerheblich, ob der Beklagte den Wahrheitsbeweis führen könnte oder nicht, weswegen das Landgericht mit Recht den Beweisangeboten des Beklagten nicht nachgegangen ist. Soweit der Beklagte erneut reklamiert, ihm müsse mit Rücksicht auf seine grundgesetzliche Meinungsäußerungsfreiheit die Möglichkeit des Wahrheitsbeweises eröffnet werden, verkennt er den bereits erörterten Kerngehalt des Verbots, das wegen seiner pauschalen Herabsetzung des Mitbewerbers ausgesprochen worden ist.

Rechtsgrundlagen:
§ 823 Abs 1 BGB, § 1004 BGB, § 4 Nr. 7 UWG

Gericht:
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 27.03.2014 - 6 U 75/12

OLG Frankfurt
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