Wer Helfer einsetzt, um sich helfen zu lassen, ist grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig. Er muss das Erforderliche und Zumutbare unternehmen, damit den Helfern nichts passiert. Im vorliegenden Fall wurde der helfende Passagier eines Heißluft-Ballons in die Höhe gerissen.

Der Sachverhalt

Rechtsanwalt Timo Schutt weist auf ein Urteil des Landgerichts Oldenburg hin, wonach ein Heißluftballon-Fahrer drei Passagiere mitgenommen hatte. Als der Ballon landete, bat der Ballonfahrer die Passagiere auszusteigen und den Ballon mit Seilen festzuhalten und zum anderen Ende der Wiese zu ziehen, damit man dort den Ballon abbauen könne.

Die drei marschierten also mit dem noch schwebenden Ballon hinter sich über die Wiese, und standen plötzlich vor einem Wassergraben. Zwei der drei Passagiere ließen ihre Seile los, nur der dritte hielt sich noch fest. Durch das geringere Gewicht schwebte der Ballon wieder hoch, der Mann hing immer noch unten dran. Das aber merkte der Ballonfahrer nicht und befeuerte den Ballon ordentlich, um über eine nahende Baumkrone hinwegzukommen. Der unten am Seil baumelnde dritte Mann blieb an dem Baum hängen und stürzte ab. Er ist nach dem Unfall querschnittsgelähmt und dienstunfähig. Das Bundesland Niedersachsen, bei dem der Verletzte beschäftigt ist, verklagte nun den Ballonfahrer auf Schadenersatz.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat dem Land nun Recht gegeben: Der Ballonfahrer hätte die drei Passagiere sorgfältiger einweisen müssen, da sie keinerlei Erfahrung mit Heißluftballons hatten. Zudem hätte er die von ihm eingesetzten Helfer koordinieren müssen. Damit bejahte das Oberlandesgericht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten des Ballonfahrers.

Und: Ein Mitverschulden des verletzten Helfers sah das Gericht nicht: Es war ihm nicht zumutbar gewesen, in dieser dramatischen Situation das Seil rechtzeitig loszulassen. Wer Helfer einsetzt, um sich helfen zu lassen, ist grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig. Er muss das Erforderliche und das Zumutbare unternehmen, damit den Helfern nichts passiert.

Je unerfahrener die Helfer sind, desto mehr muss der Verantwortliche tun, damit nichts passieren kann.

Und auch: Je größer das Risiko für die Helfer und je weniger die Helfer dieses Risiko selbst erkennen und bewältigen können, desto höher sind die Anforderungen an den Verantwortlichen.

Typische Beispiele im Veranstaltungsbereich können sein:

  • Der Helfer soll auf eine hohe Leiter klettern,
  • der Helfer soll auf das Bühnendach klettern,
  • der Helfer soll mit Strom hantieren,
  • der Helfer soll schwere Lasten transportieren,
  • der Helfer soll sich an den Einlass stellen, um unerbetene Gäste von der Veranstaltung fernzuhalten,
  • der Helfer soll etwas machen, das normalerweise mehrere Personen machen würden/müssten,
  • der Helfer soll etwas machen, das normalerweise nur besonders ausgebildete oder erfahrene Personen machen dürfen,
  • der Helfer soll etwas machen, das ihn geistig oder körperlich überfordert,
  • der Helfer soll etwas unter Zeitdruck erledigen oder bspw. auch
  • der Helfer soll etwas machen, das er noch nie zuvor gemacht hat und für das etwas Übung oder gewisse Kenntnisse erforderlich sind.

Timo Schutt

Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht

Kontaktinformation:
Schutt, Waetke Rechtsanwälte
Herr Rechtsanwalt & Fachanwalt für IT-Recht Timo Schutt
Kriegsstraße 37 D-76133 Karlsruhe
Tel: +49 (721) 120-500  Fax: +49 (721) 120-505
www.schutt-waetke.de

Kanzleiprofil:

Unsere moderne Anwaltskanzlei ist hoch spezialisiert auf die Bereiche Event, IT und Medien. Die Kanzlei um die beiden Gründer und Fachanwälte Timo Schutt und Thomas Waetke vertritt bundesweit Mandanten aus allen Branchen, insbesondere aber aus der IT- und Medienbranche. Schutt, Waetke Rechtsanwälte ist Ihre IT-Recht & Medienrecht Kanzlei.
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