Tattoos und Piercings stellen einen ständig wachsenden modischen Trend dar. Doch nicht immer entspricht das Ergebnis den Vorstellungen des Kunden. Was, wenn es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Folgeschäden kommt? Urteile zu Haftungsfragen und Schmerzensgeldansprüche.

Tattoos und Piercings stellen einen ständig wachsenden modischen Trend dar: Für immerhin acht Prozent der Deutschen ist die Körperbemalung der schönste Schmuck. Doch nicht immer entspricht das Ergebnis den Vorstellungen des Kunden. Schlimmer noch, es kann auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Folgeschäden kommen. Und nicht immer übernimmt die Krankenversicherung die notwendigen Behandlungskosten! Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung gibt Auskunft über Haftungsfragen und Schmerzensgeldansprüche.

Ob Piercing oder Tätowierung - vor der Entscheidung für einen Eingriff von Dauer ist es ratsam, sich über mögliche gesundheitliche Folgeschäden zu informieren. "Piercing- und Tattoo-Studios sind verpflichtet, ihre Kunden ausführlich über mögliche Risiken aufzuklären", erklärt Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. "Anschließend muss der Kunde schriftlich in die Behandlung einwilligen, denn prinzipiell stellt ein körperlicher Eingriff wie ein Tattoo oder ein Piercing eine Körperverletzung im Sinne des Strafgesetzbuches dar (§223 StGB)!" Ohne Einverständniserklärung des Kunden muss der Studio-Betreiber unter Umständen mit einer Freiheits- oder Geldstrafe rechnen.

Medizinische Gefahren

Im Gegensatz zu einem neuen Ring oder einer neuen Kette ist ein Körperschmuck in Form eines Tattoos oder eines Piercings mit gesundheitlichen Risiken behaftet. Zu den häufigsten medizinischen Folgen gehören Infektionen, Schwellungen, Blutungen und Ausrisse. Und gerade durch Piercings kann es bei einer Krankheitsdiagnose oder bei einem operativen Eingriff zu Schwierigkeiten kommen. Zudem sollten Anhänger dieser Art von Körperschmuck wissen, dass weder die Tätigkeit als Piercer noch als Tätowierer anerkannte Berufsbezeichnungen sind oder einer Lizenz bedürfen! Das heißt, jeder der will, kann ein eigenes Studio eröffnen und seine Dienstleistung anbieten. Zwar müssen Studio-Betreiber bezüglich der Materialverwendung und des Umgangs mit den Schmuckstücken Richtlinien der EU, Hygienevorschriften sowie das Gesetz für Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände und die Tätowiermittel-Verordnung beachten. Auch unterliegen sie der Kontrolle durch das Gesundheitsamt. Doch eine lückenlose Überwachung ist nicht möglich. Daher empfiehlt die D.A.S. Expertin, großen Wert auf eine sorgfältige Aufklärung zu legen!

Umfangreiche Aufklärung ein Muss

Zu einem ausführlichen Informationsgespräch durch das Piercing- oder Tattoo-Studio gehört der deutliche Hinweis auf die gesundheitlichen Risiken, wie Infektionen oder allergische Reaktionen. So beinhalten beispielsweise manche Tattoo-Farben Pigmente aus Autolacken, die Hautirritationen auslösen können. Zwar sind einige besonders gefährliche Farbstoffe inzwischen durch die Tätowiermittel-Verordnung verboten. Doch im Gegensatz zu Farbstoffen für Kosmetikprodukte wie Rouge oder Eyeliner werden die Tattoo-Farben nicht generell bezüglich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen geprüft. Wichtig: Ein Tattoo-Studio sollte darauf aufmerksam machen, dass mehrfarbige oder zu tief in die unteren Hautschichten eingebrachte Tattoos nachträglich selbst mit modernster Lasertechnik nicht oder nur mit Narben als Folgeerscheinung entfernt werden können!

Wenn die Aufklärung unzureichend ist...

Ist die Aufklärung unzureichend, wird die Einverständniserklärung unwirksam und der Ausführende haftet für etwaige Folgeschäden (LG Koblenz, Az. 10 O 176/04). Auch bei negativen Folgen durch unsachgemäße Ausführung oder Verwendung unhygienischer Geräte kann der Kunde auf Schadenersatz und Rückerstattung der Kosten für die Behandlung hoffen (AG Neubrandenburg, Az. 18 C 160/00).

Wird die Behandlung unprofessionell oder technisch mangelhaft durchgeführt und der Körper fahrlässig und widerrechtlich verletzt, so besteht laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg (Az. 3 U 1663/03) ebenfalls Anspruch auf Schadenersatz. Dazu können strafrechtliche Konsequenzen wegen fahrlässiger Körperverletzung kommen. Dies gilt auch dann, wenn der Kunde nur sein Einverständnis für ein sich nach einigen Jahren von selbst wieder auflösendes "Bio-Tattoo" gegeben hat, er jedoch ein dauerhaftes Tattoo erhält (OLG Karlsruhe, Az. 7 U 125/08).

Wenn was schief geht...

"Bei dem Tätowier- oder Piercingvertrag handelt es sich um einen Werkvertrag (§ 631 BGB), dessen Ergebnis eine erfolgreiche Arbeit ist. Entzündet sich das Piercing oder der Schriftzug im Tattoo enthält zum Beispiel einen Rechtschreibfehler, so handelt es sich um einen Mangel. Dann hat der Kunde das Recht auf Beseitigung des Mangels oder sogar auf Schadenersatz (§ 634 BGB)", erklärt die D.A.S. Juristin. Voraussetzung dieser Ansprüche ist jedoch, dass der Tätowierer oder Piercer zuvor eine Frist zur Nachbesserung erhält. Sonst verliert der betroffene Kunde seine Ansprüche wegen mangelhafter Leistungen (AG München, Az. 213 C 917/11).

Kosten für Folgebehandlungen

"Kommt es nach einer Tätowierung oder einem Piercing zu Komplikationen oder Spätfolgen, können sich die Betroffenen nicht auf eine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenversicherung verlassen", warnt die Rechtsexpertin der D.A.S. Denn wer sich freiwillig einem körperlichen Eingriff unterzieht, der eine Krankheit auslöst, beispielsweise eine Wundinfektion durch Piercing, hat diese selbst verschuldet. Gemäß Sozialgesetzbuch (§ 52 Abs. 2 SGB V) müssen gesetzlich Versicherte bei durch Tätowierungen oder Piercings ausgelösten Krankheiten in angemessener Höhe an den Kosten beteiligt werden. Wurde Krankengeld gezahlt, so kann dieses ganz oder teilweise zurückgefordert werden. Und selbst, wenn der Patient die Arztkosten selbst trägt, wird seine Krankenkasse darüber informiert. Denn seit 2008 sind Ärzte und Krankenhäuser verpflichtet, den Kassen die Daten von Piercing-Patienten mitzuteilen.

Auch mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dürfen betroffene Patienten nicht rechnen: Nach der "Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses" dürfen Ärzte bei den Folgen von kosmetischen Behandlungen ohne medizinischer Begründung und ohne Komplikationen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen. Betroffene müssen daher zur Genesung meist Urlaub nehmen. Der Tipp der D.A.S.: Vor einer geplanten Tätowierung oder einem Piercing die Krankenkasse kontaktieren, ob und in welcher Höhe die Kosten bei einer möglicherweise notwendigen medizinischen Nachbehandlung übernommen werden!

Weitere Informationen zu rechtlichen Fragen finden Sie im D.A.S. Rechtsportal.
www.das-rechtsportal.de

Quelle: D.A.S. Rechtsschutzversicherung
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