Schwarzsurfen - Nach einer Entscheidung des AG Wuppertal ist die Nutzung eines fremden, ungesicherten WLAN-Anschlusses kein strafbares Verhalten. Das Gericht änderte somit seine bisherige Rechtsprechung.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall hatte sich der Angeschuldigte mit seinem Laptop über WLAN unerlaubt und ohne Bezahlung in das offene Netzwerk eines Fremden eingewählt. In der Entscheidung des Amtsgerichts Wuppertal vom 03.04.2007 wurde so ein solches Verhalten noch als strafbar gesehen. Ein WLAN-Router sei eine elektrische Sende- und Empfangseinrichtung und damit eine Funkanlage im Sinne des §89 TKG. Die aufgrund der Internetnetzung abgehörte "Nachricht" sei in der Zuweisung einer IP-Adresse durch den Router zu sehen. Somit sei das Verhalten unbefugt, weil die IP-Adresse nicht für den Angeklagten bestimmt gewesen sei.

Zudem sei eine Strafbarkeit nach § 44 i.V.m. § 43 II Nr.3 BDSG gegeben, da durch Zugriff auf den Router personenbezogene Daten abgerufen würden. Da der Angeklagte des Nichtvorhandensein einer Flatrate des "Opfers" zumindestens billigend in Kauf nehme, handele er auch in Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht.

Die Entscheidung


Es liegt keine Strafbarkeit nach § 89 S.1 TKG und nach nach § 44 I i.V.m. § 43 II Nr.3 BDSG vor.

Aus den Gründen, der von der Kanzlei Ferner erstrittene Entscheidung geht hervor, dass eine Strafbarkeit nach §89 S.1 TKG nicht gegeben ist. Als "Nachricht" kommt hier allenfalls die automatische Zuweisung einer IP-Adresse an den Computer in Betracht (so AG Wuppertal, NStZ 2008, 161). Hierbei ist aber bereits äußerst fraglich, ob die Zuweisung einer IP-Adresse eine "Nachricht" im Sinne dieser Vorschrift darstellt (vgl. Popp, jurisPR-ITR 16/2008 Anm.4). Dass der Angeschuldigte andere Nachrichten des Zeugen I. unbefugt empfangen haben könnte, lässt sich nach dem Ermittlungsergebnis gerade nicht feststellen (BL. 79 d.A.). Jedenfalls ist durch das vorgeworfene Nutzen des Internetzugangs kein "abhören" im Sinne des §89 TKG gegeben. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. [...] Es müsste ein bewusster und gezielter Empfang fremder Nachrichten und das bewusste und gezielte Wahrnehmen fremder Nachrichten durch den Täter gegeben sein, um von einem Abhören von Nachrichten sprechen zu können. Dies ist bei dem Nutzer eines fremden WLAN nicht der Fall.

Auch ist der Tatbestand des §44 I i.V.m. §43 II Nr.3 BDSG nicht erfüllt. Der Angeschuldigte hat ausweislich der Anklage und des Ermittlungsergebnisses keine personenbezogenen Daten abgerufen oder sich verschafft. In Betracht kommen auch hier allenfalls die IP-Daten. Die IP-Daten sind jedoch keine personenbezogenen Daten im Sinne des §3 I  BDSG (vgl. auch Popp, jurisPR-ITR 16/2008 Anm.4). Wer sich in ein WLAN einwähle, könne grundsätzlich nicht erkennen, wer der Betreiber des WLANs sei.

Rechtsgrundlagen:
§§ 89 I 1 TKG; 44, 43 II Nr.3 BDSG

Gericht:
AG Wuppertal, Beschluss vom 03.08.2010, Az. 20 Ds-10 Js 1977/08-282/08

Querverweise:
Anmerkungen zur Rechtsprechung der Kanzlei Ferner

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