Familienrecht - Vereitelt ein Elternteil den Kontakt seines Kindes mit dem anderen Elternteil, obwohl kein Grund dafür besteht und entzieht er sich auch allen Vermittlungs- und Hilfsangeboten, kann als letzte Konsequenz das Sorgerecht entzogen werden.

Nach dem sich ein Elternpaar vor fast zwei Jahren trennte, verblieb das 10-jährige Kind bei der Mutter. Das Sorgerecht bestand aber weiterhin für beide. Der Vater war auch sehr interessiert daran, seinen Sohn weiter zu sehen.

Bereits von Anfang an stieß dies jedoch auf Schwierigkeiten. Trotz mehrfacher Umgangsvereinbarungen konnte der Vater sein Kind in 1 ½ Jahren nur fünfmal sehen. Von Seiten des Familiengerichts, an das sich der Vater wandte, wurde eine Vielzahl von Versuchen gestartet, die Mutter zu bewegen, den Umgang des Sohnes mit seinem Vater zu gestatten. Eine Beratungsstelle wurde eingeschaltet, ein Mediationsverfahren versucht, eine Umgangspflegerin eingesetzt, die den Umgang begleiten und damit der Mutter ihre Ängste nehmen sollte. Schließlich gab es auch Zwangsgeldandrohungen. Nichts konnte die Mutter bewegen, das Kind öfters zum Vater zu lassen. Im Gegenteil - die Mutter meldete im Herbst dieses Jahres das Kind ohne Zustimmung des Vaters von seiner Schule ab.

Daraufhin kam es schließlich zu einer Verhandlung vor dem Familiengericht des AG München

Die zuständige Richterin erholte Stellungnahmen der Umgangspflegerin, des Jugendamtes und schaltete auch einen Sachverständigen ein. Alle kamen zu dem Ergebnis, dass überhaupt nichts gegen die Besuche des Sohnes bei seinem Vater spräche, im Gegenteil bestünde eine enge Verbindung zwischen beiden. Zwar stünde das Kind nunmehr in einem Interessenkonflikt und lehne Besuche beim Vater selbst ab - dies aber nur, um endlich Ruhe zu haben und die Mutter, bei der er lebe, nicht zu enttäuschen.

Nach der Anhörung aller Beteiligten entzog die Familienrichterin das Sorgerecht der Mutter bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts, des Rechts zur Ausübung der Gesundheitsfürsorge und des Rechts zur Ausübung der Schulwahl und übertrug es auf den Vater, dem das Kind in der Verhandlung auch übergeben wurde:

Beim Vater bestünden keine Erziehungsdefizite. Es sei eine enge vertrauensvolle Vater-Kind-Bindung gegeben, die für die positive Entwicklung des Kindes unverzichtbar sei. Die Mutter sei nicht in der Lage, das Bedürfnis ihres Sohnes nach Kontakt zum Vater unter Hintanstellung ihrer eigenen Probleme zu respektieren und zu unterstützen. Nach dem sämtliche Bemühungen wie Beratung, Mediation, Einsetzung eines Umgangspflegers, begleiteter Umgang und Zwangsgeldandrohungen gescheitert seien, sei als letztes Mittel ein Überwechseln des Kindes zum anderen Elternteil angezeigt. Der Wechsel der Hauptbezugsperson sei vom Kind leichter zu verkraften als die fortdauernde Traumatisierung durch den Verlust einer Elternbeziehung. Da der Vater im Gegensatz zur Mutter bereit sei, den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil zuzulassen, gebiete es das Kindeswohl, diese Entscheidung zu treffen. Dem stünde auch nicht entgegen, dass der Sohn momentan nicht zum Vater wolle. Dies sei nicht sein wirklicher Wunsch, sondern resultiere nur aus dem von der Mutter geschaffenen Loyalitätskonflikt.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.

Quelle: AG München
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