Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss den Eilantrag eines 2-jährigen Kindes gegen die Landeshauptstadt Stuttgart abgelehnt, mit dem es einen Kita-Platz für acht Stunden täglich begehrte.

Der Sachverhalt

Die Eltern der Antragstellerin hatten Anfang Juli 2013 bei der Landeshauptstadt Stuttgart einen Antrag auf frühkindliche Förderung ihrer 2-jährigen Tochter in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege in Stuttgart ab dem 01.08.2013 im Umfang von acht Stunden täglich gestellt (§ 24 Abs. 2 SGB VIII).

Diesen Antrag hatte die Stadt mit Bescheid vom 26.07.2013 abgelehnt, weil derzeit alle Betreuungsplätze für unter 3-jährige vergeben seien und in allen städtischen Tageseinrichtungen Wartelisten geführt würden. Die Antragstellerin erhob gegen den Bescheid Widerspruch, über den die Widerspruchsbehörde noch nicht entschieden hat.

Am 05.08.2013 beantragte die durch ihre Eltern vertretene Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Stadt verpflichtet werden soll, der Antragstellerin ab dem 01.08.2013 einen Platz in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege im Umfang von acht Stunden täglich zur Verfügung zu stellen. Der Antrag blieb ohne Erfolg.

Die Entscheidung

Das Gericht begründete seine ablehnende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass kein Anordnungsgrund, mithin keine Dringlichkeit der Sache, glaubhaft gemacht worden sei. Die Eltern hätten vorgetragen, dass die Antragstellerin ab Mitte August 2013 an fünf Tagen in der Woche eine private Kindertagesstätte besuche. Damit dürfte der notwendige Betreuungsbedarf der Antragstellerin vorläufig gedeckt sein. Irgendwelche Gründe, die den Wechsel in eine städtische Tageseinrichtung oder die eines freien Trägers bzw. in die Tagespflege erfordern würden, seien von den Eltern der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Antragstellerin ein vorläufiger Verbleib in der privaten Kindertagesstätte zugemutet werden könne, bis über den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid entschieden sei.

Frühkindliche Förderung im Umfang von acht Stunden täglich zweifelhaft

Im Übrigen äußerte das Gericht Zweifel daran, ob die Antragstellerin überhaupt eine frühkindliche Förderung im Umfang von acht Stunden täglich beanspruchen könne. Der Umfang der täglichen Förderung richte sich gemäß der Regelung in § 24 SGB VIII nach dem individuellen Bedarf. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht vertrete hierzu in seinem Rechtsgutachten zum "Rechtsanspruch U3" vom 21.12.2012 (abrufbar unter www.dijuf.de) die Auffassung, dass der Rechtsanspruch auf Förderung einen bedarfsunabhängigen Grundanspruch für alle Kinder im Umfang von täglich vier Stunden von Montag bis Freitag umfasse.

Eltern haben keine objektivierbaren Gründe für einen erweiterten Betreuungsbedarf dargelegt

Würden Erziehungsberechtigte für ihr Kind abweichende Betreuungszeiten vom bedarfsunabhängigen Grundanspruch begehren, so fordere das Gesetz hierfür die Geltendmachung eines individuellen Bedarfs. Ein Rechtsanspruch dürfte in Bezug auf den Betreuungsumfang danach, so das Rechtsgutachten, nicht bei jedem persönlichen Wunsch der Erziehungsberechtigten bestehen. Notwendig erscheine vielmehr, dass die Erziehungsberechtigten objektivierbare Gründe für abweichende Betreuungszeiten hätten (etwa Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche u.a.), die auf Grund der Zielsetzung des Gesetzes anzuerkennen seien. Rein persönliche Interessen der Erziehungsberechtigten an einem erweiterten Betreuungsumfang dürften demgegenüber nicht ausreichen, um einen den Grundanspruch erweiterten Bedarf anzuerkennen.

Ausgehend hiervon stellte das Gericht fest, dass die Eltern der Antragstellerin keine objektivierbaren Gründe für einen Bedarf an einer täglich achtstündigen Betreuung dargelegt hätten. Gerade der Umstand, dass sich die Mutter der Antragstellerin wegen der Geburt eines zweiten Kindes in Elternzeit befinde, spreche dafür, dass bei ihr kein gesteigerter individueller Betreuungsbedarf bestehe.

Gegen den Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zu. Die Beschwerde kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung eingelegt werden.

Gericht:
Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 22.08.2013 - 7 K 2688/13

VG Stuttgart
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