Ein Arbeitgeber erteilte Firmenparkplätze nach dem Kriterium "Frauen vor Männer". Zu Recht, so dass Urteil des LAG Rheinland-Pfalz, Frauen sind häufiger Opfer von gewaltsamen Übergriffen. Dieser Sachgrund ist ausreichend zur Zuteilung von Frauenparkplätze.

Der Sachverhalt

Ein Krankenpfleger arbeitet in einem Krankenhaus und begehrt im zweiten, kleineren Parkhaus einen Stellplatz, das unmittelbar am Klinikgelände liegt. Bislang vermietete ihm der Arbeitgeber lediglich einen Parkplatz, der zu Fuß rund 500 Meter von der Klinik entfernt lag. Seit 2008 wurde bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt und ab 2011 wurde der Krankenpfleger einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Frei werdende Parkplätze in diesem kleineren Parkhaus werden bei mehreren Bewerbern in folgender Rangordnung vermietet. Diese Kriterin sind mit dem Betriebsrat abgestimmt.

- Dienstbeginn vor 6:30 Uhr bzw. Dienstende nach 20:00 Uhr
- Frauen vor Männer
- Beschäftigungsdauer
- Alter

Die bisherigen Anträge des Krankenpflegers, ihm einen frei werdenden Stellplatz im näheren Parkhaus zu vermieten, blieben unter Verweis auf diese Vergabekriterien erfolglos. Daraufhin erhob er Klage. Er ist der Ansicht, das Vergabekriterium "Frauen vor Männer" verstoße gegen Art. 3 GG. Die Beklagte bevorzuge Frauen bei der Parkplatzvergabe gegenüber Männern ohne sachlichen Grund. Es müsse zumindest eine Härtefallregelung für Männer getroffen werden. Er sei zu 40 % schwerbehindert und in seiner Gehfähigkeit stark eingeschränkt, bei ihm liege ein Härtefall vor, der eine Ausnahme gebiete.

Die Entscheidung

Die Beklagte bevorzugt Frauen bei der Vergabe von kliniknahen Parkplätzen gegenüber Männern. Für diese unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts liegt nach Ansicht des Gerichts ein sachlicher Grund vor. Frauen sind häufiger Opfer von gewaltsamen (sexuellen) Übergriffen. Dieser Sachgrund hat ein hinreichendes, die Bevorzugung bei der Parkplatzzuteilung rechtfertigendes Gewicht.

Aus dem Urteil: [...] Dies belegt auch die gesetzliche Regelung in § 20 AGG. Die Vorschrift regelt Rechtfertigungsgründe, bei welchen Differenzierungen aufgrund des Geschlechts erlaubt sind. § 20 Abs. 1 Satz 1 AGG stellt den Grundsatz auf, dass eine unterschiedliche Behandlung immer dann zulässig ist, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. § 20 Abs. 1 Satz 2 AGG legt umfangreiche Regelbeispiele fest. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist nach Nr. 2 gerechtfertigt, wenn diese dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt. Strukturell ähnelt der Rechtfertigungsgrund einer positiven Maßnahme (§ 5 AGG). Maßnahmen dieser Art - wie etwa die Bereithaltung von Frauenparkplätzen - sind sozial erwünscht und gesellschaftlich weithin akzeptiert [...]

Frauen sind einer größeren Gefahr ausgesetzt

[...] Die Vorschrift rechtfertigt Unterscheidungen nur dann, wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen erfolgen. So sind Frauen generell einer größeren Gefahr als Männer ausgesetzt, Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu werden (so ausdrücklich: Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 18.05.2006, BR-Drucksache 329/06, Seite 47). Es ist deshalb auch aus Sicht der Berufungskammer nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte Frauen bei der Vergabe von Parkplätzen in unmittelbarer Kliniknähe bevorzugt [...]

Themenindex:
Diskriminierung, Gleichbehandlung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Gericht:
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.09.2011 - 10 Sa 314/11

Vorinstanz:
ArbG Kaiserslautern, 06.04.2011 - 1 Ca 184/11

Redaktion Rechtsindex
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