Das VG Hannover (Urteil, Az. 3 A 4605/12) hält die bundesweite Verwaltungspraxis zur Rückforderung von Förderleistungen bei Unterrichtsfehlzeiten für rechtswidrig. Es könne einem Auszubildenden nicht zugemutet werden, zum Erhalt der Fördervoraussetzungen einen arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoß zu begehen

Mit Urteil hat das Verwaltungsgericht Hannover der Klage einer Arbeitnehmerin stattgegeben, die sich gegen die Rückforderung von sog. "Meister-BAföG" für eine neben der beruflichen Tätigkeit durchgeführte Fortbildungsmaßnahme wehrt.

Der Sachverhalt

Die Klägerin hatte im Rahmen der Fortbildungsmaßnahme Unterrichtszeiten unter anderem deshalb versäumt, weil sie von ihrem Arbeitgeber angewiesen worden war, an den betreffenden Tagen (samstags) zu arbeiten. Diese Fehlzeiten hatte die N-Bank als für die Bewilligung von Meister-BAföG zuständige Behörde nicht als entschuldigt anerkannt und der Klägerin deshalb letztlich eine insgesamt nur unregelmäßige Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme vorgeworfen, die zur Rückforderung der ausgezahlten Förderung berechtige. Hintergrund dafür ist eine bundesweite interne Weisung an die Förderbehörden, wonach nur krankheits- oder schwangerschaftsbedingte Fehlzeiten als entschuldigt anzuerkennen seien.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover (Az. 3 A 4605/12)

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts findet diese Auffassung und die darauf beruhende bundesweite Verwaltungspraxis in den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zum Meister-BAföG keine Stütze. Vielmehr sei förderrechtlich von einer hinreichenden Entschuldigung für eingetretene Fehlzeiten zumindest dann auszugehen, wenn ein Auszubildender gezwungen gewesen wäre, zu deren Vermeidung gegen eine gesetzliche oder arbeitsvertragliche Rechtspflicht zu verstoßen. Es könne einem Auszubildenden nicht zugemutet werden, zum Erhalt der Fördervoraussetzungen einen arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoß zu begehen, der unter Umständen zum Verlust des Arbeitsplatzes führen könnte.

Die Kammer hat wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung sowohl die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht als auch die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 13.03.2014 - 3 A 4605/12

VG Hannover
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