Nach Urteil des VG Koblenz könne das Gericht nach ständiger Rechtsprechung nicht einfach seine eigenen Bewertungskriterien an die Stelle derer des Prüfers setzen. Die angefochtene Bewertung sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Bewertung einer Sozialkundeklausur, mit der sich der Prüfling nicht einverstanden erklärt und deshalb Klage mit dem Ziel einer Verbesserung seiner Abiturnote erhoben hatte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden.

Der Sachverhalt

Der Kläger hatte 2011 sein Abitur mit der Note "gut" (2,1) bestanden. Die schriftliche Prüfungsarbeit im Leistungskurs Gemeinschaftskunde, Schwerpunkt Sozialkunde, war dabei mit 5 MSS-Punkten bewertet worden, was der Note "ausreichend" entspricht. Gegenstand der Klausur war u. a. die Abschaffung der Wehrpflicht.

Die Aufgabenstellung in der Prüfung

Zunächst waren Fragen zu einer Karikatur von Horst Haitzinger aus der Rhein-Zeitung vom 15. September 2010 zu beantworten, die die Bundesrepublik Deutschland als alte Dame und einen Jungen mit den Gesichtszügen des damaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg auf einem Friedhof sowie Grabsteine mit Inschriften wie "Hier ruht die Wehrpflicht", "Unserer unvergessenen DM" und "Hauptstadt Bonn" darstellt.

Weitere Fragen bezogen sich auf einen abgedruckten Kommentar zur Debatte um die Wehrpflicht, auf asymmetrische Kriegsführung und auf moderne Bedrohungslagen. In der zusammenfassenden Begründung der beiden Korrektoren für die Bewertung der Klausur heißt es, dass die Arbeit zwar ausreichende Fachkenntnisse und die Erfassung des vorgelegten Arbeitsmaterials in Grundzügen belege, jedoch Mängel wie Missverständnisse von Textinhalten oder Autorintentionen sowie eine Tendenz zu Pauschalierungen erkennen lasse.

Missverständnisse von Textinhalten und Tendenz zu Pauschalierungen

Mit seiner nach erfolglosem Widerspruch gegen sein Abiturzeugnis erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass seine Arbeit mit 9 Punkten (oberes "befriedigend" - 3 plus) zu benoten gewesen sei, was im Ergebnis zu einer Abitur-Gesamtnote von 2,0 führe. Hierzu verwies er vor allem vergleichend auf die mit 13 Punkten (1 minus) bewerteten Antworten eines Mitprüflings.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz

Das Verwaltungsgericht wies die Klage gleichwohl ab. Die angefochtene Bewertung sei unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Prüfungsnoten seien das Ergebnis komplexer fachlicher sowie aus dem jeweiligen konkreten Prüfungsgeschehen resultierender Erwägungen. Deshalb könne das Gericht nach ständiger Rechtsprechung nicht einfach seine eigenen Bewertungskriterien an die Stelle derer des Prüfers setzen, sondern es müsse diesem ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des eigentlichen Bewertungsvorganges vorbehalten bleiben.

Wann kommt eine gerichtliche Korrektur von Prüfungsentscheidungen in Betracht?

Eine gerichtliche Korrektur von Prüfungsentscheidungen komme danach grundsätzlich nur in Betracht, wenn Verfahrensfehler begangen, anzuwendendes Recht verkannt, ein unrichtiger Sachverhalt unterstellt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sachfremde Erwägungen angestellt worden seien. Darüber hinaus dürfe noch geprüft werden, ob die Bewertung den sog. Antwortspielraum des Prüflings verletze, wonach eine richtige oder zumindest vertretbare Lösung jedenfalls nicht als falsch gewertet werden dürfe. Ausgehend von diesen Kriterien sei indessen, so die Koblenzer Richter nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit den vom Kläger erhobenen einzelnen Rügen, eine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes von Seiten der beiden Korrektoren nicht festzustellen.

Was die Prüfer zutreffend bemängelten:

So sei beispielsweise zutreffend bemängelt worden, dass der Kläger die Intention des Zeichners - die satirische Darstellung der latenten Trauer der Bundesbürger über den Verlust vertrauter Institutionen - nicht richtig erfasst, sondern gemeint habe, dieser wolle die Abkehr von alten Tugenden kritisieren. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass der Erwartungshorizont der Prüfer in der Karikatur auch eine Anspielung auf die Wehrgerechtigkeit gesehen habe. Denn in dieser sei eine Putte auf einem Grabstein dargestellt, die einen Militärhelm trage und eine Waage - das Symbol der Justitia - in Händen halte. Auch dies habe der Kläger bei seiner Bearbeitung nicht erkannt.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 19.07.2012 - 7 K 90/12.KO

VG Koblenz, PM Nr. 28/2012
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