Einem 30-jährigen wurde die Berufsbezeichnung "Altenpfleger" entzogen, nachdem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes ergeben hat. Wer Heimbewohnern in die Nase kneift oder durch anbrüllen weckt und die Angstschreie als Handyklingelton verwendet, ist definitiv nicht zum Führen der Berufsbezeichnung geeignet.

Der Sachverhalt

Das Regierungspräsidium Stuttgart widerrief einem 30-jährigen Altenpfleger (Kläger) die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Altenpfleger" zu führen. Bereits davor wurde dem Kläger vom Altenpflegeheim Anfang August 2010 fristlos gekündigt. Nach den polizeilichen Ermittlungsakten habe der Kläger sich ab Frühjahr 2009 eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes ergebe.

Heimbewohnerin in die Nase gekniffen

Er habe u.a. einer (damals) 84-jährige Heimbewohnerin im Aufenthaltsraum vor den Augen anderer so stark in die Nase gekniffen, dass diese sich heftig gewehrt, geweint und einen Bluterguss erlitten habe.

Angstschreie als Handyklingelton

Im Juli 2010 habe er eine 90-jährigen Heimbewohnerin während ihres Schlafes wiederholt dadurch erschreckt, dass er laut geschrien, ihr die Bettdecke weggezogen und sie so stark mit beiden Armen am Oberkörper gepackt und gerüttelt habe, dass sie panisch geschrien und um sich geschlagen habe. Die Schreie der Bewohnerin habe er bereits in der Vergangenheit gefilmt und als Klingelton auf sein Handy gespielt.

Mit Greifzange ins Handgelenk gezwickt


Im gleichen Zeitraum habe er nachts eine 84-jährige Bewohnerin mit einer Greifzange am Handgelenk gezwickt und an ihr gerüttelt, wodurch die Frau panisch geworden und total verängstigt um Hilfe geschrien habe.

Heimbewohnerin an Oberarme gepackt und gerissen

Ende Juli/ Anfang August 2010 habe er wiederholt eine weitere Bewohnerin so an den Oberarmen gepackt und gerissen, dass beide Arme der Frau von oben bis unten mit Hämatomen übersät gewesen seien.

Gegen den Kläger ist derzeit noch ein strafrechtliches Verfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen anhängig.

Die Entscheidung

Zu Recht habe das Regierungspräsidium aus dem schwerwiegenden Fehlverhalten des Klägers gegenüber den seiner Obhut anvertrauten Bewohnern geschlossen, dass er als unzuverlässig zu beurteilen sei, d.h. nicht die Gewähr dafür biete, dass er in Zukunft seine berufsrechtlichen Pflichten einhalte.

Ein Ausdruck gesteigerten Humors...


Der Kläger habe zwar angegeben, sein Verhalten sei nicht richtig gewesen, aber dies als einen Ausdruck gesteigerten Humors bezeichnet. Diesem Verhalten bzw. der hieraus ersichtlichen mangelnden Einsicht lasse sich jedoch gerade nicht entnehmen, dass der Kläger die Garantie für ein künftig rechtmäßiges Verhalten biete. Die Frage, wie hoch sein Verschulden in der Vergangenheit zu gewichten sei, sei für die zu treffende Prognose ohne Bedeutung, denn es gehe um den Schutz ihm anvertrauter Personen vor von ihm ausgehenden Gefahren. Es sei irrelevant, ob diese in gesteigertem Maß schutzbedürftigen Menschen von einem Altenpfleger gequält würden, der strafrechtlich voll oder nur reduziert zur Rechenschaft gezogen werde.

Kein einmaliges Versagen

Die Altenpflege sei ein besonders sensibler Bereich, nachdem die betroffenen Personen teilweise nicht mehr in der Lage seien, sich zu artikulieren oder andere Personen um Hilfe zu bitten bzw. ihre Klagen nicht ernst genommen würden. Dies zeige sich gerade im vorliegenden Fall deutlich. Denn bei den dem Kläger zum Vorwurf gemachten Vorfällen habe es nicht um ein einmaliges Versagen gehandelt, sondern er habe vielmehr über einen längeren Zeitraum hinweg, d.h. von ihm selbst seit Februar 2009 dokumentiert, Bewohner misshandelt, ohne dass dies überhaupt zur Kenntnis genommen worden bzw. geahndet worden sei. Angesichts dieses vom Kläger ausgehenden Risikos sei der Widerruf der Erlaubnis, die Berufsbezeichnung Altenpfleger zu führen, zu Recht erfolgt.

Gericht:
Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 28.08.2011 - 4 K 766/11

Quelle: PM des VG Stuttgart
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