Die Käuferin eines gebrauchten Fahrzeugs, in dem der Dieselmotor der Baureihe EA 189 verbaut ist, kann von dem Motorenhersteller keinen Schadensersatz verlangen, wenn die Kaufentscheidung in Kenntnis des „Dieselabgas-Skandals“ getroffen wurde.

Der Sachverhalt

Die Klägerin kaufte im Dezember 2016 von einem Fahrzeughändler einen gebrauchten Pkw der Marke Skoda (Erstzulassung 2011, Kilometerstand ca. 89.000). In dem Fahrzeug ist der von der Beklagten hergestellte Dieselmotor der Baureihe EA 189 verbaut. Bei Abschluss des Kaufvertrages hatte die Klägerin Kenntnis vom "Dieselskandal".

Das Fahrzeug hatte vor dem Verkauf an die Klägerin im Oktober 2016 ein Software-Update erhalten, um eine aus Sicht des Kraftfahrtbundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen. Auch das war der Klägerin beim Kauf bekannt.

Klägerin verlangt Rückzahlung des Kaufpreises

Die Klägerin verlangt nun von der Beklagten als Herstellerin des Motors Schadensersatz, und zwar Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs, wobei sie einen Abzug für die Nutzung des Fahrzeugs akzeptierte (jetziger Kilometerstand mehr als 164.000).

Sie begründet den Schadensersatz u. a. mit einem Garantievertrag, der aufgrund öffentlicher Äußerungen der Beklagten zustande gekommen sein soll; im Übrigen läge eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung seitens der Beklagten vor. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg. Der 9. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Berufung zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Nach Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Az. 9 U 120/19) steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz zu.

Zwischen den Parteien ist kein Garantievertrag zustande gekommen, denn in der Presseerklärung der Beklagten vom 16. Dezember 2015 hat diese ihre Kunden lediglich über die bevorstehenden Maßnahmen bezüglich der Motoren der Baureihe EA 189 informiert und die technische Umsetzung und die damit verbundenen Ziele beschrieben. Hierin liegt kein Angebot zum Abschluss eines Garantievertrages.

Keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung

Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch auch nicht auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte stützen. Ob der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten darstellt, kann offenbleiben. Ein derartiges Handeln war jedenfalls nicht ursächlich für einen Schaden bei der Klägerin.

Kauf erfolgte in Kenntnis des "Dieselskandals"

Vielmehr hat die Klägerin das Fahrzeug in Kenntnis des "Dieselskandals" und in Kenntnis des ursprünglichen Vorhandenseins der unzulässigen Abschaltvorrichtung sowie des anschließenden Software-Updates erworben. Damit beruhte die Kaufentscheidung der Klägerin auf ihrem freien Willen, ein vom "Dieselskandal" betroffenes Fahrzeug zu erwerben.

Die Beklagte hat die Klägerin auch nicht über die Folgeerscheinungen des Software-Updates vorsätzlich sittenwidrig getäuscht. Das Software-Update war durch das Kraftfahrtbundesamt geprüft und freigegeben worden. In einer mit der zuständigen Behörde abgestimmten Vorgehensweise ist kein sittenwidriges vorsätzliches Vorgehen zu erkennen.

Darüber hinaus erfolgte die Erklärung, dass mit der Umsetzung der Rückrufaktion keine Verschlechterungen hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs, der CO2-Emissionen, der Motorleistung, des Drehmoments sowie der Geräuschemissionen verbunden seien, nicht durch die Beklagte, sondern durch die Skoda Auto a. s..

Gericht:
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 13.11.2019 - 9 U 120/19

OLG Schleswig-Holstein, PM
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