Das Oberlandesgericht Braunschweig hat sein erstes Berufungsurteil in einem Verfahren gegen ein freies Autohaus im Zusammenhang mit der Abgas-Thematik verkündet. Die Klage gegen das Autohaus blieb ohne Erfolg.

Der Sachverhalt

Der Kläger hatte gegen das Autohaus als Verkäufer mit dem Ziel geklagt, einen fabrikneuen Pkw im Austausch gegen sein VW-Fahrzeug, Typ Caddy 1,6 TDI zu bekommen, weil in diesem ein Motor der Baureihe EA 189 mit einer sogenannten Abschaltautomatik verbaut war.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig

Das Landgericht Braunschweig hatte die Klage abgewiesen. Dieses Urteil wurde nun durch den 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig (Az. 7 U 289/18) bestätigt.

Der 7. Zivilsenat führte zunächst aus, dass der klägerische Antrag auf Lieferung des Ersatzfahrzeugs unzulässig sei. Ein solcher Antrag müsse so genau bestimmt sein, dass bei einer Verurteilung ein Gerichtsvollzieher wisse, was er vollstrecken müsse. Dies sei bei dem Antrag auf Nachlieferung eines Ersatzfahrzeugs mit einer „gleichartigen und gleichwertigen technischen Ausstattung“ wie beim VW Caddy 1,6 TDI nicht der Fall, denn diese Worte würden einen zu weiten Spielraum lassen.

Die Berufung blieb aber auch in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen das Autohaus auf Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeugs für den ihm verkauften Pkw. Der 7. Zivilsenat bejahte in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Vorliegen eines Sachmangels. Ein Fahrzeug mit der vorliegenden Steuerungssoftware weise nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer erwarten könne.

Kein Anspruch auf Nachlieferung

Dennoch könne der Käufer im konkreten Fall keine Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs verlangen. Diese Ersatzlieferung, so der 7. Zivilsenat, wäre im Vergleich zur Nachbesserung des Fahrzeugs durch Aufspielen eines ebenfalls zur Mangelbeseitigung geeigneten Software-Updates nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.

Im Verhältnis zu den Kosten des Aufspielens des Software-Updates lägen die Kosten für die Beschaffung eines mangelfreien Fahrzeugs, von denen der Wert des zurückzugebenden klägerischen Fahrzeugs abzuziehen sei, um mehr als das 117fache höher. Dies ermögliche es dem Autohaus als Verkäufer, die vom klägerischen Käufer gewählte Form des Gewährleistungsrechts zu verweigern.

Keine deliktische Ansprüche

Deliktische Ansprüche des Klägers bestünden ebenfalls nicht. Das freie Autohaus hafte nicht für etwaiges Verschulden der VW AG als Herstellerin.

Rechtsgrundlagen:
§ 439 BGB

Gericht:
Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 13.06.2019 - 7 U 289/18

OLG Braunschweig, PM
Rechtsindex - Recht & Urteile

Ähnliche Urteile:

Wann sollte man sich am besten wehren, wenn das eigene Auto vom VW Abgasskandal betroffen ist, weil es mit dem EA 189-Motor ausgestattet ist? Mit dieser Frage müssen sich derzeit tausende Besitzer von Volkswagen-, Audi-, Seat- und Skoda-Dieselmodellen auseinandersetzen. Urteil lesen

Im Rechtsstreit zwischen einem Kläger aus Trier und einem Bochumer Autohaus um die Rückgabe eines PKW des Typs VW Tiguan, der mit der sogenannten "Schummelsoftware" ausgestattet ist, hat die 2. Kammer des Landgerichts Bochum ein Urteil verkündet und die Klage abgewiesen. Urteil lesen

Das  Landgericht Münster hat durch Urteil entschieden, dass der Käufer eines von der manipulierten Abgassoftware betroffenen VW keinen Anspruch auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages hat, sondern von dem Autohändler lediglich die Nachbesserung des Abgassystems verlangen kann. Urteil lesen

Ein formelles Ermittlungsverfahren wird gegen Prof. Dr. Winterkorn gegenwärtig nicht geführt. Sofern dieser Eindruck entstanden ist, bedauert die Staatsanwaltschaft Braunschweig dies sowie die Irritationen, welche die Pressemitteilungen in diesem Zusammenhang hervorgerufen haben. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de